Wien – Nach den Zeugenbefragungen im Anfechtungsverfahren zur Bundespräsidentenwahl halten die Vertreter des Wahlgewinners Alexander Van der Bellen den "Großteil der Vorwürfe" für "in sich zusammengebrochen", wie Anwältin Maria Windhager sagt. Trotzdem trauen sich die Grünen keine Prognose zu, wie die Anfechtung ausgeht: Denn niemand wisse, wie der Verfassungsgerichtshof jene Rechtswidrigkeiten, die sich in den Zeugenaussagen offenbart haben, gewichtet. "Es gibt mehrere Dutzend unbekannte Variablen", so Anwalt Georg Bürstmayr.

"Formalfehler"

Die Einvernahmen hätten zwar jede Menge "Formalfehler" ans Licht gebracht. Dass teilweise schlampig vorgegangen wurde, bedeute aber nicht, dass es Raum für Manipulationen gab, meint Windhager. Etwa beim vorzeitigen Wahlkartenaufschlitzen: Selbst wenn jemand den Raum, in dem die Karten gelagert wurden, betreten konnte, sei es unwahrscheinlich, dass im großen Stil Stimmkuverts ausgetauscht wurden, da die Stimmzettel ein spezielles Design aufweisen.

Juristisch hält Windhager auch das umstrittene Auszählen ohne Beisitzer für gesetzeskonform. Dieses sei durch Paragraf 18 der Nationalratswahlordnung gedeckt, die auf die Hofburg-Wahl gleichrangig anzuwenden sei. Demnach kann der Wahlleiter "unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen, zu deren Vornahme ihn die Wahlbehörde ausdrücklich ermächtigt hat".

Selbst das vorzeitige Auszählen sei, obwohl rechtswidrig, noch kein Grund für eine Wahlanfechtung, glauben die Grünen, da es keinen Einfluss auf das Wahlergebnis habe, ob dieselben Personen wenige Stunden früher oder später ausgezählt haben als im Gesetz vorgegeben.

Lob für Verfassungsrichter

Dem Verfassungsgerichtshof sprechen die Grünen-Vertreter Lob aus: Dieser leiste "großartige Arbeit". Mitte kommender Woche setzt der VfGH die öffentliche Verhandlung fort. (Maria Sterkl, 26.6.2016)