2009: Thierry Henry hatte die Hand im Spiel, als Frankreich im WM-Playoff Irland mit einem 1:1 in Paris ausbremste.

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Lyon – "Sie haben es nicht vergessen", fürchtet William Gallas, dessen Tor im November 2009 die Iren auf dem Weg zur WM gestoppt hatte und das durch ein klares Handspiel von Thierry Henry eingeleitet worden war. "Das wird heiß", meinte der ehemalige französische Teamspieler gegenüber der Sportzeitung "L'Equipe" mit Blick auf die EM-Achtelfinal-Partie am Sonntag (15.00 Uhr, Liveticker auf derStandard.at) in Lyon.

"Natürlich wird darüber gesprochen, aber ich glaube nicht, dass es uns beeinflussen wird, wenn wir spielen", betonte Irlands Trainer Martin O'Neill vor dem Duell mit dem Gastgeber. Doch selbst ihre Gute-Laune-Fans sinnen auf Wiedergutmachung und wollen die Franzosen in jene deprimierte Stimmung versetzen, in der sie damals das Playoff-Aus ertragen mussten.

Fünf Iren waren an jenem 18. November schon dabei, als Gallas in der Verlängerung (103. Minute) im Stade de France das entscheidende 1:1 für Frankreich schoss. Aus dem 23-köpfigen Kader der Franzosen erlebten sechs Spieler den Abend in St. Denis entweder auf dem Platz oder der Ersatzbank mit.

Ausgeruhte Gastgeber

Nicht nur ob dieses 14. und bis dato letzten Aufeinandertreffens ist die Equipe tricolore mehr als gewarnt vor dem Außenseiter. "Wir sind jetzt im Achtelfinale, das ist eine andere Sache", meinte Innenverteidiger Adil Rami vom FC Sevilla. "Jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle einen Zahn zulegen."

Frankreichs großer Vorteil: Drei Tage mehr Zeit zur Erholung nach dem 0:0 im Gruppenfinale am Sonntag gegen die Schweiz. Die Iren feierten den erstmaligen Einzug in die nächste Runde bei einer EM erst am Mittwochabend durch das späte 1:0 gegen Italien. "Es sieht nach ein bisschen unverhältnismäßig viel Zeit aus, die ein Team mehr als das andere zur Erholung hat. Das könnte sehr, sehr wichtig werden", erklärte O'Neill. Zumal die irische Spielweise auf Physis ausgelegt ist. "Sie zeichnen sich generell durch Kampfgeist aus", meinte Frankreichs Co-Trainer Guy Stephan zu den Vorzügen des Gegners.

Erst gegen 3.30 Uhr in der Nacht auf Donnerstag kehrten die Iren in ihre noble Herberge unterhalb des Schlosses von Versailles zurück. Da lagen die Franzosen längst im Bett, gar nicht weit weg. Nur rund 40 Kilometer entfernt liegt das Centre National du Football der Franzosen in Clairefontaine-en-Yvelines. Seit Montag kann O'Neills Trainerkollege Didier Deschamps seine Mannschaft dort in Ruhe auf das Achtelfinale vorbereiten. Schritt für Schritt setzte der Teamchef dabei die Einheiten früher an, um seine Spieler von den bisherigen 21.00-Uhr-Anstoßzeiten auf die Partie um 15.00 Uhr einzustellen.

Deschamps wird seine Startelf wohl erneut ändern und wieder jenen Spielern das Vertrauen schenken, die beim 2:1 im Eröffnungsspiel über Rumänien begonnen hatten. Also Paul Pogba und Antoine Griezmann, aber auch mit den vier gelbverwarnten und damit von einer Sperre bedrohten Rami, Innenverteidiger Laurent Koscielny, Mittelfeldmotor N'Golo Kante und Mittelstürmer Olivier Giroud. Erst vor dem Halbfinale werden zuvor erhaltene Gelbe Karten gestrichen.

Langes irisches Warten

Den Franzosen, die ihre bisherigen zwei Siege jeweils erst frühestens in der 89. Minute fixierten, ist bewusst: Je länger es in ihrem ersten K.o.-Spiel Unentschieden steht, umso schwieriger wird es. "Es ist immer noch das Gleiche, wir müssen da draußen Fußball spielen. Und wenn möglich das Spiel vor der 85. Minute gewinnen", forderte Rami. "Denn sonst könnte es psychologisch hart werden." Erst recht gegen Iren, die für ein anderes spätes Tor Revanche wollen.

Bisher 14 Mal standen sich Frankreich und Österreichs kommender WM-Quali-Gegner Irland gegenüber. Sechsmal siegten die Franzosen, fünf Partien brachten ein Remis. Die Iren gewannen bisher dreimal, jedoch noch nie auf französischem Boden. Und der bisher letzte irische Sieg datiert vom 14. Oktober 1981 in Dublin, als es in der WM-Qualifikation einen 3:2-Sieg zu feiern gab. Aber das 1:0 über Italien, der erste irische EM-Sieg seit 28 Jahren, hat laut O'Neill "einen großen Schub an Selbstvertrauen gegeben". Sein Team sei bereit für die nächste Heldentat. (APA, red, 24.6. 2016)

Mögliche Aufstellungen, EM-Achtelfinale:

Frankreich – Irland (Sonntag, 15.00 Uhr, Stade de Lyon, SR Rizzoli/ITA)

Frankreich: 1 Lloris – 15 Sagna, 4 Rami, 21 Koscielny, 3 Evra – 19 Pogba, 5 Kante, 14 Matuidi – 7 Griezmann, 9 Giroud, 8 Payet

Ersatz: 16 Mandanda, 23 Costil – 2 Jallet, 17 Digne, 13 Mangala, 22 Umtiti, 6 Cabaye, 12 Schneiderlin, 18 Sissoko, 10 Gignac, 11 Martial, 20 Coman

Irland: 23 Randolph – 2 Coleman, 12 Duffy, 5 Keogh, 17 Ward – 13 Hendrick, 11 McClean, 8 McCarthy, 19 Brady – 14 Walters, 9 Long

Ersatz: 1 Westwood, 16 Given – 3 Clark, 4 O'Shea, 15 Christie, 6 Whelan, 7 McGeady, 18 Meyler, 22 Quinn, 10 Keane, 20 Hoolahan, 21 Murphy