Washington/Wolfsburg – Mehr als die Hälfte seiner zur Bereinigung des Abgasskandals gebildeten Milliarden-Rückstellungen will Volkswagen offenbar in den USA ausgeben. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag aus mit dem Dossier vertrauten Kreisen erfuhr, will der Konzern in den USA etwa zehn Milliarden Dollar (8,8 Milliarden Euro) Entschädigung zahlen.

Der Konzern will diesen Angaben zufolge bis zu 7.000 Dollar an einzelne US-Besitzer von Dieselfahrzeugen zahlen, die mit der Schmuggel-Software ausgestattet sind. Außerdem wolle das Unternehmen in einen Fonds zur Bekämpfung der Luftverschmutzung einzahlen. Eine Entschädigung für europäische Kunden hat der Konzern hingegen bisher nicht konkret in Aussicht gestellt. Volkswagen hat eine Rückstellung von mehr als 16 Milliarden Euro für die Bewältigung des Skandals gebildet.

Frist bis Dienstag

Der Konzern verhandelt seit Monaten mit dem US-Justizministerium und anderen Klägern über eine außergerichtliche Einigung. Dabei wurden zuletzt Fortschritte gemacht. Im April gab es eine Grundsatzvereinbarung, seither wird über die Details verhandelt. Ein Bundesrichter in San Francisco hat den Verhandlungsparteien eine Frist bis kommenden Dienstag gesetzt, um den fertigen Plan vorzulegen.

Kommt diese Vereinbarung zustande, sind die juristischen Probleme der Wolfsburger in den USA jedoch noch nicht vom Tisch. Der von Richter Charles Breyer in San Francisco abzusegnende Plan bezieht sich nur auf die rund 480.000 betroffenen Dieselfahrzeuge mit 2,0-Liter-Motoren. Die ebenfalls betroffenen rund 80.000 Dieselwagen mit 3,0-Liter-Motoren sind nicht abgedeckt. Außerdem laufen parallel strafrechtliche Ermittlungen des US-Justizministeriums gegen den Konzern.

Angst vor noch höheren Kosten

Volkswagen will Gerichtsverfahren über die Entschädigungen in den USA unbedingt vermeiden, da diese auf noch weit höhere Kosten für den Konzern hinauslaufen könnten. Parallel wird Volkswagen auch in Deutschland und anderen Ländern wegen der Manipulation der Abgaswerte mit Klagen überzogen. Vor dem Landgericht Braunschweig war Volkswagen im November von fast 300 Aktionären auf mehr als drei Milliarden Euro verklagt worden.

Volkswagen hatte im September nach Ermittlungen in den USA eingeräumt, bei Umwelttests von Dieselfahrzeugen die Abgaswerte beschönigt zu haben. Die verbotene Software in den Wagen bewirkt, dass bei den Tests ein niedrigerer Schadstoffausstoß gemessen wird, als er im Normalbetrieb entsteht. (APA, 23.6.2016)