Mit Zauberern auf du und du: Emanuel Bergmann.

Foto: Philipp Rohner/©Diogenes Verlag

Wien – Howard Thurston. Chung Ling Soo. Jasper Maskelyne. Guy Jarrett. Horace Goldin. Namen, die hierzulande niemandem etwas sagen. Dabei waren dies einige der größten Magier und Zauberer der letzten 120 Jahre. Dank des Amerikaners Jim Steinmeyer, eminenter Historiker der Varietémagie, sind sie nicht vergessen. Und auf eines der Bücher Steinmeyers, Hiding the Elephant, verweist der Saarländer Emanuel Bergmann in der Danksagung seines Debütromans.

Bei ihm ist es Der Große Zabbatini, den im Los Angeles der Gegenwart Max Cohn (10) ausfindig machen will. Max' Eltern wollen sich scheiden lassen. Um dies zu verhindern, soll Zabbatini sie mit seinem Zauberspruch ewiger Liebe wieder aneinanderbinden. Parallel dazu wird die Lebensgeschichte des 88-jährigen Illusionisten erzählt. 1919 als Mosche Goldenhirsch geboren, entdeckt er, Rabbinersohn in Prag, mit 15 den Zirkus, den Zauberzirkus des Barons Rudolf von Kröger, verlässt den Vater. Wird angelernt. Flieht nach einem verheerenden Brand den Zirkus mit seiner Geliebten. Baut sich in Berlin, er tritt als persischer Prinz auf, einen Ruf als Mentalist auf.

Lernt Hitler kennen (eine geschmacklose Episode, die das Lektorat unbedingt hätte streichen sollen). Wird als Jude denunziert, von der Gestapo gefoltert, kommt nach Theresienstadt und Auschwitz. Überlebt. Emigriert in die USA. Wird ein mittelmäßiger Magier. Bespricht im Spätherbst seiner Karriere jene LP, auf die Max in der Garage stößt, auf der aber der Zauberspruch durch einen Kratzer im Vinyl nicht zu hören ist. Lebt einsam und verarmt in einem desolaten Altersheim in Los Angeles. Max findet ihn. Nach Verwerfungen und Verirrungen tritt Zabbatini bei Max' Geburtstagsfeier auf. Dieses Finale birgt dann eine Surprise.

Wüsste man nicht, dass der 1972 geborene Bergmann in Kalifornien im Filmgeschäft tätig war, sein Roman würde es sofort zeigen. Mit Szenenauf- und -abblendungen, mit schnellen, witzigen Dialogen, bei denen Bergman die Screwball-Comedies der 1930er-Jahre studiert hat, ist er durch und durch filmisch. Die dramaturgischen Rädchen greifen friktionsfrei ineinander. Der Erzählmotor schnurrt geschmeidig vor sich hin, ohne jemals ins Stocken zu geraten. Das ist sehr amerikanisch. Das ist auch nicht immer unproblematisch, weil manches papieren bleibt, anderes naiv.

Zwischenzeitlich hat den Rezensenten den Verdacht beschlichen, der Name "Diogenes" verwandelt sich während der Lektüre auf dem Umschlag in "Dressler", den Namen jenes Buchverlags, dessen Hauptumsatzbringer Cornelia Funke ist. Allzu sehr ist dies über viele Passagen hinweg ein Jugendbuch.

Am Ende gemahnt der jedes Geheimnisses verlustig gehende Roman an einen der ironischen "Tipps", die vor Jahren der deutsche Autor Martin von Arndt mit treuherzig-subtilem Spott seiner Kollegenschaft mit auf den Weg gab: Schon vor dem ersten Wort des Manuskripts an die Übersetzung denken! Mit Der Trick hat man ein international kompatibles Romanprodukt ohne verstörende Eigenheiten. Ach ja, die erste Auslandslizenz wurde schon vor dem Erscheinen verkauft. (Alexander Kluy, 23.6.2016)