Wien – Sie sind das Herzstück der Neuen Mittelschule und ebenso umstritten: die sechs Zusatzstunden für "pädagogische Fördermaßnahmen", in denen AHS- und BHS-Lehrer das Leistungsniveau dem der Gymnasien annähern sollen. In der Praxis halten AHS- und BHS-Lehrer aber gerade einmal ein Viertel der Zusatzstunden ab.

Das Ministerium macht nun finanziellen Druck auf die Länder, die Vorgaben einzuhalten. Geht es nach dem Gesetz, sollten an den NMS alle Zusatzpädagogen AHS- oder BHS-Lehrer, also Bundeslehrer sein. Weil das in einigen Ländern mit generellem Lehrermangel wie Vorarlberg schwierig umsetzbar ist, hat das Ministerium allerdings Zielvereinbarungen mit den Ländern erstellt, in denen ein realistischer Anteil an Bundeslehrern vereinbart wurde.

Ministerium bittet zur Kasse

Nachdem aber auch diese Regelung nicht alle Bundesländer eingehalten haben, bittet das Ministerium nun zur Kasse: Wer weniger Bundeslehrer als vereinbart in den NMS einsetzt, muss die Differenz selbst berappen, wurde den Ländern jüngst mitgeteilt.

Dort stößt das Ministerium damit auf energischen Widerspruch. Immerhin könnten die Länder Bundeslehrer nicht zum Unterricht an den NMS verpflichten und hätten außerdem kein Geld für zusätzliche Pädagogen, kritisierte Oberösterreichs Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP) zuletzt. Sein niederösterreichischer Kollege Johann Heuras (ÖVP) wehrt sich ebenfalls dagegen – auch aus pädagogischen Gründen: "Entscheidend beim Teamteaching ist, dass die Lehrer miteinander können, und nicht, ob das ein Bundes- oder Landeslehrer ist."

Ziel: Hauptschulkarriere zur Matura

Ziel der Neuen Mittelschule war, mehr Schüler an den Hauptschulen in Richtung Matura und Studium zu bringen. Deshalb finanziert der Bund den NMS sechs Wochenstunden, in denen Bundeslehrer als Zweitlehrer (Teamteaching) oder für andere Fördermaßnahmen (Begabtenförderung, Förder- oder Leistungskurse) in Deutsch, Mathematik, Englisch oder einem Schwerpunktfach in der Klasse stehen.

In der Praxis wird allerdings verhältnismäßig selten wirklich ein Bundeslehrer eingesetzt: Nur 26,9 Prozent dieser "Bundesstunden" werden im laufenden Schuljahr tatsächlich von AHS- oder BHS-Lehrern gehalten. Die Unterschiede nach Bundesländern sind enorm: Spitzenreiter sind das Burgenland (72,9 Prozent) und Kärnten (60,3), gefolgt von Tirol (33,3), Niederösterreich (32,0), der Steiermark (29,4) und Salzburg (26,6). Schlusslichter sind Wien (16,1), Oberösterreich (9,6) und Vorarlberg (5,8).

Rechnungshof will Zusatzstunden kürzen

Für das Bildungsministerium ist der Einsatz von Bundeslehrern ein wesentliches Erfolgskriterium der NMS, heißt es mit Verweis auf die Evaluierung der neuen Schulform aus dem Jahr 2015. In dem Bericht wurde allerdings der Einsatz zusätzlicher Lehrer generell infrage gestellt: "Die beträchtlichen zusätzlichen Ressourcen, speziell in Form eines flächendeckenden Teamteachings, haben im Durchschnitt nicht die erwarteten Verbesserungen im Bereich der fachlichen Leistungen und überfachlichen Kompetenzen gebracht." Der Rechnungshof hat angesichts des überschaubaren Nutzens zuletzt überhaupt eine Verringerung von sechs auf vier Zusatzstunden gefordert, was für Landesschulratspräsident Heuras ein "empfindlicher Schlag gegen das Wesen der NMS" wäre.

Die Neue Mittelschule wurde 2008 als Modellversuch eingeführt und 2012 als neue Schulform eingerichtet. Mit dem laufenden Schuljahr hat die NMS die Hauptschule in allen ersten Klassen abgelöst, 2018/19 ist die Umstellung in allen Jahrgängen abgeschlossen. (APA, 22.6.2016)