Prag/Wien – In Prag ist ein bisher unbekanntes Tagebuch des 2011 verstorbenen tschechischen Ex-Präsidenten Václav Havel aufgetaucht. Das berichtete am Dienstag die Tageszeitung Lidové noviny, der die Aufzeichnungen vorliegen.

Havel, der zur Zeit der kommunistischen Diktatur in der ehemaligen Tschechoslowakei als Dissident mehrmals inhaftiert war, hatte das Tagebuch während seines ersten Gefängnisaufenthalts von Jänner bis Mai 1977 geführt. Entdeckt wurde es nun von David Dusek, dem Enkel des Schriftstellers und Havel-Vertrauten Zdenek Urbánek, in dessen Nachlass.

Havel war auch Dramatiker, mehrere seiner Stücke, die in seiner Heimat verboten waren, wurden im Wiener Burgtheater uraufgeführt. In den Notizen finden sich unter anderem Ideen für künftige Dramen. Außerdem enthält das Tagebuch Pläne für die Zeit nach der Haft, kritische Überlegungen zur Politik des Regimes und Anmerkungen zu den Briefen an seine Frau Olga, die mittlerweile in Buchform erschienen sind und als literarisches Zeugnis seiner insgesamt fünf Gefängnisjahre gelten. Heuer im Oktober, zu Havels 80. Geburtstag, sollen auch die nun entdeckten Aufzeichnungen als Buch vorliegen.

Zum letzten Mal verhaftet wurde Václav Havel übrigens kurz vor der Samtenen Revolution im Oktober 1989. Im Dezember zog er als Präsident auf der Prager Burg ein. (Gerald Schubert, 21.6.2016)