Die Zukunft von nicht mehr benötigten ÖBB-Flächen entlang der Westbahn ist noch nicht geklärt. Das blaue ÖBB-Haus beim Westbahnhof wird hingegen verkauft.

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Das "Blaue Haus" beim Westbahnhof. Die Bahnstrecke durchschneidet den Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus. Auf einer Länge von rund 1.500 Metern bis zur Linzer Straße lassen sich die Gleise legal nur von einer einzigen Straße (Schmelzbrücke) und einem weiteren Übergang für Fußgänger (Rustensteg) überwinden.

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Wien – Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung durch Österreich im Sommer und Herbst vergangenen Jahres waren im "Blauen Haus" am Westbahnhof täglich bis zu 600 Menschen untergebracht. Zehntausende nutzten das von den ÖBB zur Verfügung gestellte Notquartier, während auf zwei Etagen teilweise noch Bürobetrieb herrschte.

Verkaufspreis 15 Millionen Euro

Flüchtlinge sind hier mittlerweile nicht mehr untergebracht. Auch die ÖBB-Produktion GmbH, die etwa für die Einsatzplanung der Loks zuständig ist, wurde in die neue ÖBB-Zentrale am Hauptbahnhof abgesiedelt. Jetzt soll das sanierungsbedürftige Haus mit einer Nettogeschoßfläche von rund 15.000 Quadratmeter um mindestens 15 Millionen Euro verkauft werden, wie ÖBB-Sprecher Michael Braun dem STANDARD bestätigte.

Betroffen davon sind auch Mieter von Geschäftsflächen im Erdgeschoß, die auf unbestimmte Dauer vermietet sind. Die Absiedlung aus dem klassischen Altbau mit dicken Außenmauern und Holztramdecken sei "aus Effizienzgründen" erfolgt, die ÖBB würden sich "schlanker aufstellen", sagte Braun.

An Bedeutung verloren

Der Westbahnhof jedenfalls hat seit der Vollinbetriebnahme des Hauptbahnhofs und des Lainzer Tunnels deutlich an Bedeutung für die ÖBB verloren, was auch die Geschäftsinhaber im erst Ende 2011 eröffneten Einkaufszentrum im Bahnhof mit Umsatzrückgängen zu spüren bekamen. Zudem werden zahlreiche Flächen, Gebäude und Gleise entlang der Westbahnstrecke im Nahbereich des Bahnhofs von den ÖBB nicht mehr gebraucht.

Bahnstrecke trennt Bezirk

Die Bahnstrecke durchschneidet den Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus. Auf einer Länge von rund 1.500 Metern bis zur Linzer Straße lassen sich die Gleise legal nur von einer einzigen Straße (Schmelzbrücke) und einem weiteren Übergang für Fußgänger (Rustensteg) überwinden. Nicht zuletzt deshalb drängt der Bezirk die Stadtregierung seit Jahren darauf, das rund 65.000 Quadratmeter große Areal besser zu entwickeln.

Die ÖBB wollen, wie auch beim Nord- oder Nordwestbahnhof, neues Leben auf alten Gleisen ermöglichen. "Es gibt Ideen und Gespräche, man könnte da oder dort etwas freigeben", sagt Braun. "Es wird Platz sein für Immobilien wie Wohnungen, aber sicher nicht im Ausmaß wie beim Nordbahnhof." Dort sollen wie berichtet bis 2025 rund 5.000 Wohnungen sowie Betriebsgebäude entstehen.

Kritik an Stadtregierung

"Vonseiten der Stadtregierung liegen für das Westbahnhofareal aber noch immer keine konkreten Planungen und Vorschläge für ein Gesamtkonzept vor", kritisiert FPÖ-Gemeinderat Dietbert Kowarik, der Bezirksparteiobmann der Freiheitlichen in Rudolfsheim-Fünfhaus ist. Auch in der Regierungszeit von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) sei "keinerlei ernsthaftes Bemühen" zu erkennen.

Überplattung "eher schwierig"

Ideen gibt es genug: Die Bezirks-ÖVP etwa fordert einen Wirtschafts- und Wohnpark samt begrünter Brücke. Die SPÖ mit Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal wünscht sich mehr Querungen und den Bau leistbarer Wohnungen. Die Bezirks-FPÖ kann sich wie die ÖVP auch eine Überplattung des Areals vorstellen. Das sei "aus heutiger Sicht aber eher schwierig umzusetzen", sagt ÖBB-Sprecher Braun. Die Freiheitlichen fordern von Vizebürgermeisterin Vassilakou konkrete Schritte, am Ende soll ein Konzept zur Entwicklung des Areals stehen. Eine Anfrage werde Kowarik beim nächsten Gemeinderat Ende Juni einbringen.

ÖBB müssten ersten Schritt setzen

Vorerst gebe es zum Westbahnhof aber nichts Neues zu berichten, wie ein Sprecher von Vassilakou dem STANDARD sagt. Die ÖBB müssten den ersten Schritt setzen und das Areal für eine Neuentwicklung freigeben. Zudem brauche das Projekt eine ordentliche Vorlaufzeit: Die Absichtserklärung der ÖBB, den Nordbahnhof zu entwickeln, liege etwa schon länger zurück. (David Krutzler, 20.6.2016)