Franz Schellhorn (Agenda Austria), Monika Traub (Intermarket Bank), Dietmar Rößl (WU Wien), Lukas Renz (Martin Paul KG), Alexander Kiennast (Julius Kiennast GmbH) und Wilhelm Ehrlich (Sportalm GmbH) diskutierten über die tückischsten Stolpersteine für Unternehmer. Eric Frey (Der STANDARD) moderierte (v.l.n.r)

Foto: Andy Urban

Wien – Die Herausforderungen an Unternehmer werden größer, die allergrößte ist eine überbordende Bürokratie. So lautete der Tenor bei einer Standpunkte-Diskussion des STANDARD in Kooperation mit der Intermarket Bank. Dem Thema des Abends – "Der Unternehmer als Lebenskünstler" – schenkten die Teilnehmer am Podium vollinhaltliche Zustimmung.

Voran stellte Dietmar Rößl, Institutsleiter an der WU Wien, dennoch den Befund, immer mehr Österreicher würden unternehmerisch denken. In einer Umfrage gaben 40 Prozent an, sie würden gern ein Unternehmen leiten. Ende der 1980er-Jahre seien es nur 25 Prozent gewesen. Warum das Wollen selten zum Gründen führt? Der hohe administrative Aufwand schrecke davon ab und mache auch bestehenden Chefs das Leben schwer.

Schrauben statt Schräubchen

Jenseits der Frage, wie viel Kosten oder Zeit bürokratische Tätigkeiten hervorrufen, seien sie schlichtweg lästig. "Die Politik kümmert sich um Schräubchen, anstatt an Schrauben zu drehen", ortet Rößl eine verfehlte Gesetzgebung. "Wir leisten uns zum Beispiel neun Brandschutzbestimmungen, in jedem Bundesland eine. Brennt's in der Steiermark anders als in Vorarlberg?"

Von einem "beschleunigten Regulierungsrausch, den man nicht mehr in den Griff bekommt", sprach Franz Schellhorn, Chef der privat finanzierten Denkfabrik Agenda Austria. Eine schnelle Gegenmaßnahme: Für jedes erlassene Gesetz sollte ein anderes gestrichen werden. Stattdessen werde kleinen wie großen Unternehmen ständig vorgeschrieben, wie etwas zu tun ist: "Sie werden beinahe zur Gefahrenquelle erklärt."

Rigide Arbeitszeitvorgaben

Weil Arbeits- und Gesundheitsinspektorat, Finanzamt und Sozialversicherung die Einhaltung von sich teils widersprechenden Regeln rigoros durchsetzten, seien manche zu Übertretungen gezwungen: "Anders geht es gar nicht." Eines der größten Probleme seien die Arbeitszeitvorgaben.

Ein Eindruck, den die Unternehmer am Podium teilten. Start-up-Gründer Lukas Renz, der zusammen mit einem Geschäftspartner das Erfrischungsgetränk Bärnstein kreiert hat, spüre "den Presslufthammer im Genick". Gerade unter jungen Gründern herrsche große Motivation und Aufopferungsbereitschaft: "80-Stunden-Wochen sind das Normale." Erfolg sei aber schwierig zu erreichen, weil regelmäßig Finanz, Sozialversicherung oder andere auf der Matte stünden und Geld forderten, das eigentlich nicht da sei.

Selbstkritische Töne schlug Wilhelm Ehrlich an, Chef des Tiroler Modeproduzenten Sportalm. Die Unternehmer selbst seien Verursacher vieler bürokratischer Auflagen. "Die Regulierung hat nicht der Staat geschaffen, sondern wir über die Sozialpartnerschaft", so der langjährige Fachverbandsobmann der Bekleidungsindustrie. An den Kunden werde dabei selten gedacht.

Intransparente Ausnahmen

Auch Rößl ist der Meinung, Unternehmer seien an der Regulierung maßgeblich beteiligt – "und an der Intransparenz." Am Beginn stehe meist eine sinnvolle Idee. Dann wolle man einer Vorschrift die Giftzähne ziehen, schaffe zahlreiche Ausnahmen. Was am Ende herauskomme, sei oft ein unverständliches Gesetz und Rechtsunsicherheit. "Der Unternehmer erstickt an der Summe der Regeln. Er wird ja nicht absichtlich gesetzesbrüchig, sondern weil es einfach zu viel ist."

Beim Thema Finanzierung hob Monika Traub, Vorstand der auf Factoring spezialisierten Intermarket, hervor, dass je nach Geschäftsmodell unterschiedliche Produkte für ein Unternehmen passen können. Weil Eigenkapitalvorschriften, Einlagensicherung und Bankenabgabe eine verstärkte Risikogewichtung bei der Kreditvergabe nach sich ziehen, würden alternative Finanzierungsquellen immer wichtiger.

Alexander Kiennast, Co-Chef des gleichnamigen Waldviertler Lebensmittelgroßhandels, stimmt dem zu. Nicht nur für Start-ups sei die Finanzierung neuer Projekte mit Problemen verbunden. (smo, 18.6.2016)