Trump glaube, Exzellenz tauche ausschließlich im Brioni-Anzug auf, sagt sein Biograf D'Antonio.

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STANDARD: Sie haben eine Biografie über Donald Trump verfasst, haben ihn mehrmals und lange getroffen. Würden Sie ihm die US-Atomcodes anvertrauen?

D'Antonio: Nein. Größere, realistischere Sorgen bereitet mir aber die Vorstellung, dass er der Oberste Befehlshaber sein könnte. Wäre das Massaker in Orlando unter seiner Präsidentschaft passiert, hätte er bereits eine Liste von Zielen parat, die er bombardieren möchte.

STANDARD:Ihre Treffen mit Trump haben Ihnen also nicht die Angst vor ihm genommen?

D'Antonio: Sie haben den Eindruck verstärkt, dass er keine moralische, konstruktive Person ist. Wenn er denkt, Vorteile daraus ziehen zu können, Dinge zu sagen, dann sagt er sie. Ob das Land davon profitiert interessiert ihn nicht. Trump geht es immer nur um Trump.

STANDARD: Ist er hinter der Kamera derselbe wie davor?

D'Antonio: Er ist ruhiger und nachdenklicher, im Grunde aber zeigt sich derselbe Geist: Er umgibt sich nur mit Personen, die das Image, das er von sich geschaffen hat, wiedergeben. Die Wände in seinem Büro sind voll mit Fotos von ihm. Jeder, der seine Welt betritt, nennt ihn "Mister Trump" und spricht zu ihm, als sei er ein König. Ich habe andere Milliardäre interviewt, aber niemand verhielt sich bisher derart bizarr.

STANDARD: Trump sabotiert gerne Interviews. Sind ernste Gespräche mit ihm überhaupt möglich?

D'Antonio: Es ist sehr, sehr schwierig. Er macht ständig Anschuldigungen, ohne auf sie einzugehen, ist ungeduldig, und seine Antworten haben meist kaum etwas mit den Fragen zu tun. Es ist bizarr, einer Person gegenüberzusitzen, die in einem Büro im obersten Stockwerk eines riesigen Gebäudes sitzt, das ihren Namen trägt, und ihr beim Jammern zuzuhören, wie wenig Beachtung eben diese Person angeblich erhält.

STANDARD: Würde er als Präsident einen Gang herunterfahren?

D'Antonio: Er würde dieselbe Doppelzüngigkeit an den Tag legen wie bisher. Dem heimischen Publikum würde er andere Botschaften verkaufen als ausländischen Regierungschefs. Aber er ist ein Opportunist, er tut nichts, was ihm schadet. Wenn ihm das Bauen einer Mauer doch schadet, dann lässt er die Idee eben fallen. Man müsste also hoffen, dass er auf jemanden hört. Ich halte Trump für narzisstisch und psychologisch gestört, aber nicht für völlig verrückt.

STANDARD: Präsident Trump wäre also nicht beratungsresistent?

D'Antonio: Ihm liegt viel an Statussymbolen. Einem General mit vielen Schleifen am Revers hört er zu, einem Professor mit den falschen Schuhen eher nicht. Trump glaubt, Exzellenz taucht ausschließlich im Brioni-Anzug auf.

STANDARD: Können sie drei positive Eigenschaften Trumps aufzählen?

D'Antonio: Sein Durchhaltevermögen. Er ist kreativ und einfallsreich, wobei seine Kunst darin besteht, Geld zu machen. Er ist ein Genie darin, sein Publikum zu bedienen.

STANDARD: Ihr Buch heißt "Die Wahrheit über Trump". Können Sie diese in einem Satz beschreiben?

D'Antonio: Er steht wie kein anderer für seine Generation, die Exzess repräsentiert – in Sachen Ego, Reichtum, Selbstvermarktung.

STANDARD: Können Sie verstehen, warum ihn viele mögen?

D'Antonio: Die meisten Leute gehen unsicher durchs Leben, Donald nicht, das kann sehr erfrischend sein. Er ist der Typ an der Bar, der dir erklärt, wie die Welt funktioniert. Man glaubt ihm vielleicht nicht alles, aber er unterhält einen und am Ende hat man tatsächlich Sympathien für ihn. (Anna Giulia Fink, 19.6.2016)