60.000 Passanten ziehen täglich durch die Kärntner Straße. Für kleine Händler ist kein Platz, auch Luxuslabels wanderten ab.

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Wien – Es ist die wohl prominenteste Ecke Österreichs. Zumindest aus Sicht des Handels. Eingebettet zwischen Oper und Hotel Sacher, flankiert sie das Tor zur Wiener Kärntner Straße. Kein Tourist, der auf dem Weg zum Stephansdom an ihr nicht vorbeikommt. 15 Jahre lang versuchte die US-Kaffeehauskette Starbucks dort ihr Glück. Nun zieht Zara Home ein, erfuhr DER STANDARD aus gut informierten Immobilienkreisen.

Starbucks schloss die Tore seines einstigen Flagshipstores erst vor wenigen Tagen. Das Griss um die exponierte Ecke war hoch. Der Deal mit Zara-Mutter Inditex, der größte Modekonzern der Welt, soll aber bereits finalisiert sein. Hauseigentümer Palmers Immobilien, der nicht mit der gleichnamigen Dessouskette verwechselt werden darf – gibt dazu gemäß seiner Firmenpolitik keinen Kommentar ab.

Voraussetzung für den Wechsel soll eine satte Ablöse, die die Spanier den Amerikanern bezahlten, gewesen sein. Diese hatten 2001 für 370 Quadratmeter Verkaufsfläche rund 3,6 Millionen Euro Ablöse berappt. Die monatliche Miete startete damals bei 25.000 Euro. Nach dem Mieterwechsel soll sie bei 60.000 bis 70.000 Euro liegen.

Schwer gerechnet

Dass Starbucks in Österreich finanziell die Luft ausging, wie böse Zungen behaupten, halten Unternehmenskenner für Unsinn. Wahr sei, dass sich Kaffee und Kuchen ohne Altmiete in teuren Einkaufsstraßen generell nur schwer rechneten. Wer monatlich etwa 70.000 Euro Miete bezahle, sollte am Tag zumindest 15.000 Euro umsetzen.

Die Amerikaner wollten das Risiko nicht eingehen, dass das Geschäft in der Innenstadt kippt, zumal sich ihr junges Zielpublikum ohnehin andernorts tummelt. Wie etwa in der Mariahilfer Straße, wo die Nettomieten nach Berechnungen des Immobiliendienstleisters EHL für den Quadratmeter aktuell 40 bis 150 Euro ausmachen.

130 bis 230 Euro hält EHL-Experte Jörg Bitzer im Schnitt in der Kärntner Straße, die täglich mehr als 60.000 Passanten frequentieren, für realistisch. Wobei für einzelne, winzige Filialen pro Quadratmeter durchaus auch 1.000 Euro hingeblättert werden, wie Mitbewerber wissen. Fürs Erdgeschoß, versteht sich. Obergeschoße sind in der Regel um ein Drittel günstiger zu haben, für Kellerlagen gibt es zusätzlich hohe Abschläge.

Keine zu hohen Mieten

Als überzogen gilt das aktuelle Mietniveau in der Kärntner Straße nicht. Im internationalen Vergleich liegt sie mit in den vergangenen zwei Jahren leicht gestiegenen Preisen im Mittelfeld, weit abgeschlagen von Einkaufsmeilen in Metropolen wie London, Rom und Paris. Innerhalb Wiens ist der Luxus längst in Richtung Kohlmarkt und Goldenes Quartier weitergezogen. Bis zu 600 Euro ist einzelnen internationalen Händlern der Quadratmeter am Kohlmarkt wert – wobei dies Ausreißer sind. Generell wird im Zentrum die Grenze von 400 Euro kaum gesprengt.

Dass sich diese Kosten, die in der Regel nur internationale Luxusanbieter stemmen, unter dem Strich rechnen, bezweifeln Handelsforscher: Geschäfte in prominenter Lage seien meist Teil eines weltweiten Portfolios, daher mehr Aushängeschild als Cashcow.

Kein Platz für Individualisten

Für kleine, individuelle Betriebe, die einst den Wiener Handel prägten, ist in dem Immobilienkarussell kein Platz. Mit dem Verlust der alten Mietverträge verschwinden auch sie aus dem Stadtbild.

Wann genau Zara Home mit Bettzeug, Geschirr, Accessoires in die Kärntner Straße einziehen will, ist noch offen. In der Shopping City Süd und im Salzburger Europark ist der Konzern mit der Vertriebsmarke bereits vertreten.

Bewegung gibt es auch ein paar Häuserblocks weiter in der Kärntner Straße 35. McNeal, Eigenmarke von Peek & Cloppenburg, sperrte zu, wie Letztere bestätigen. Dem Vernehmen nach geben die Deutschen den zentralen Standort aber nicht auf. Er soll mit einer anderen Eigenmarke besetzt werden. (Verena Kainrath, 17.6.2016)