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Hau drauf und fühl dich wieder wie du selbst: Jake Gyllenhaal greift in "Demolition" zu schwerem Werkzeug.

Foto: AP

Wien – Wer unter Schockeinwirkung steht, dem können schon einmal Prioritäten durcheinandergeraten. Davis Mitchell (Jake Gyllenhaal) hat seine Frau bei einem Autounfall verloren. Was ihm im Krankenhaus und in der Zeit danach nicht aus dem Kopf will, ist jedoch ein Selbstbedienungsautomat, der ihm die Ausgabe eines Schokoriegels verweigert hat.

Noch auf der Trauerfeier beginnt er deshalb, Briefe an den Kundenservice der Firma zu schreiben. Weniger Wutbotschaften als persönliche Briefe, Selbstbekenntnisse eines Mannes, dem sein Leben seit dem Tod seiner Frau sinnentleert erscheint – allerdings nicht, weil er diese so sehr vermisst.

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"Demolition" erzählt davon, wie es sich anfühlt, im falschen Moment zu erkennen, das falsche Leben geführt zu haben. Eine gute Ausgangsidee, aus der Jean-Marc Vallée ("Dallas Buyers Club") dann leider etwas zu wenig herausholt. Statt sich über seine Gefühlskälte zu wundern, beginnt Mitchell, sein virtuelles Leben auszuhebeln: den Investmentjob, bei dem er nur mit Zahlen hantiert, die sozialen Bindungen zur Familie seiner Frau, die ihm nunmehr genauso als Konvention erscheinen wie sein in kühlen Farben designtes Einfamilienhaus.

Anfangs reagiert sein Boss und Schwiegervater (Chris Cooper) noch mit Verständnis auf das sonderbare Verhalten, doch als Mitchell beginnt, Klotüren und Computer auseinanderzunehmen, ist auch seine Geduld erschöpft.

Zerstörung als Rückgewinn

Wie schon in "Fight Club" haftet der Reaktion des Helden auf die Routinen seines Daseins eine physische Note an. Er zerlegt nicht nur die Objekte einer zunehmend automatisierten Lebenswelt, sondern greift auch zum Hammer, um zuerst Bauarbeitern beizustehen und später das eigene Heim zu zertrümmern. Ein mehrdeutiges Unterfangen, bedeutet die Zerstörung doch zugleich einen Rückgewinn von Lebenskraft.

Vallée versteht Ausfall und Rebellion seiner Figur allerdings eher psychologisch als politisch; deshalb bewegt sich Mitchell letzthin mehr im symbolischen Bereich, den das Drehbuch mit zu vielen Wohlfühlklischees ausstattet. Untermalt von sanften Popsongs von Sufjan Stevens oder Eric Burdon wandelt sich der Gefühlstaube zum Vertreter eines sensitiven Mannes, der auf innere Bedürfnisse zu hören beginnt. Behilflich sind ihm dabei auch eine Frau, Karen (Naomi Watts) vom Kundenservice, und ihr Teenagersohn Chris (Judah Lewis), der gerade eine ähnlich heikle Verwandlung erfährt.

Dass "Demolition" nicht ganz zum Befindlichkeitskitsch verkommt, hat der Film vor allem Jake Gyllenhaal zu verdanken. Er hat sich zuletzt erfolgreich auf "Loners" wie Davis Mitchell spezialisiert – und verleiht auch ihm nun den Hauch einer ironischen Note. Kaputt ist auch ein wenig cool. (Dominik Kamalzadeh, 17.6.2016)