Margit Kraker steht als Rechnungshofpräsidentin fest.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Am Ende war auf die Koalitionsdisziplin des roten Parlamentsklubs wieder einmal Verlass. Fast alle anwesenden SPÖ-Abgeordneten dürften bei der Nationalratssitzung am Donnerstag für Margit Kraker als Präsidentin des Rechnungshofs (RH) gestimmt haben: 100 stimmberechtigte Abgeordnete der Koalition waren bei der Abstimmung anwesend, 95 von 175 gültigen Stimmen entfielen auf Kraker.

Die Direktorin des steirischen Landesrechnungshofs wurde im Hauptausschuss zwar auch mit den Stimmen der SPÖ gewählt. Allerdings nur, um Helga Berger als Kandidatin einer schwarz-blauen Allianz zu verhindern.

So war es im Vorfeld fraglich, ob genügend rote Abgeordnete in geheimer Wahl für die von der ÖVP nominierte Kraker stimmen würden – immerhin ist ihre Nominierung das Ergebnis eines Coups von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka. Mit einigen entschuldigten Abgeordneten hatte die Koalition einen zehn Stimmen starken "Sicherheitspolster", den sie dann aber nicht brauchte.

Strache: Hearing zur "Farce" verkommen

Krakers Wahl ging freilich eine heftige verbale Nachbereitung der umstrittenen Nominierung im Hohen Haus voraus. Geht es nach FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache, sollten sich die Regierungsparteien bei den anderen Kandidaten entschuldigen – denn "diese Fachleute haben ihre Zeit geopfert und sind degradiert worden zu einer Schmierenkomödie".

Das öffentliche Hearing, in dem sich SPÖ-Kandidat Gerhard Steger nach Meinung der meisten Beobachter am besten geschlagen hat, sei nämlich zur "Farce" verkommen. Kritik teilte Strache aber auch an Grüne und Neos aus; die wären bereit gewesen, "einen roten Kandidaten" – Steger – "durchzupeitschen". Für ihn wäre FPÖ-Kandidatin Barbara Kolm die bessere Wahl gewesen.

Keine "Sternstunde des Parlamentarismus"

Für Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist die "Erpressung" der ÖVP ein Rückschritt. Margit Kraker habe mit ihrer Vergangenheit als Büroleiterin des damaligen steirischen ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreters Hermann Schützenhöfer "einen massiven Schönheitsfehler". Erfahrung in einem Politbüro sei einfach etwas anderes als Erfahrung in der Finanzverwaltung.

Aus Sicht von Neos-Klubchef Matthias Strolz hätten "drei Parteien da parteipolitisches Kalkül vor das beste Wissen und Gewissen gestellt" – neben den Regierungsparteien auch die FPÖ. "Eine Sternstunde des Parlamentarismus war das nicht." Er hoffe jetzt, dass Kraker ein Sensorium für die Unabhängigkeit des Amts entwickle.

Andreas Schieder, der in Glawischnigs Diktion "erpresste" SPÖ-Klubobmann, bemühte sich, die parteitaktische Niederlage herunterzuspielen. Er selbst fand Steger zwar am besten, doch auch Kraker werde "die Aufgabe sicher sehr gut erfüllen". Wiewohl: "Es ist uns nicht recht, dass sie ÖVPlerin ist, aber sie kann den Job." Seine Einschätzung vom Tag der Nominierung Krakers, dass der Sieger des Prozesses der Parlamentarismus gewesen sei, revidierte Schieder: "Im Gesamtprozess vielleicht ja nicht so ganz."

Team Stronach hat kein Interesse an Neuwahlen

"Ohne Not" hätte sich Schieder von Lopatka "austricksen" lassen, sagte Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar – denn der SPÖ-Klubchef hätte einfach anrufen können, ob das Team Stronach tatsächlich die aus freiheitlichem Umfeld stammende Helga Berger unterstützt hätte. Dann hätte er erfahren, dass man kein Interesse an einem Bruch der Regierung gehabt hätte, der wohl bei deren Kür die Folge gewesen wäre: "Glauben Sie allen Ernstes, dass wir Interesse an Neuwahlen haben? So ehrlich muss man doch sein", meinte der Klubchef des sich in Umfragen am Rande der Wahrnehmungsgrenze bewegenden Teams.

Lopatka wehrt sich

Reinhold Lopatka wehrte sich sichtlich erregt gegen die Vorwürfe aus den anderen Parteien. Er bedauere, dass es in der medialen Berichterstattung rund um die Nominierung Krakers so gar nicht um den Rechnungshof gegangen sei. Man habe sich darauf geeinigt, dass die Bestellung des Rechnungshof-Präsidenten eine politische Entscheidung sei, deshalb "ist es auch richtig, dass das hier im Nationalrat beschlossen wird".

Auch seine Kandidatin verteidigte Lopatka eifrig. In ihrer Zeit als Direktorin des steirischen Landesrechnungshofs sei in keinem einzigen Landtagsprotokoll der Vorwurf dokumentiert, sie würde nicht unabhängig handeln. Er bitte daher um einen Vertrauensvorschuss für Kraker. Den hätten ihre Vorgänger nicht erhalten – am Ende ihrer Amtszeit würden sie dennoch stets gelobt.

Mosers Abschied

Der scheidende Rechnungshof-Präsident Josef Moser hat sich zuvor bei den Abgeordneten des Nationalrats verabschiedet. Er bedankte sich für die "Anerkennung der Arbeit des Rechnungshofes" und die Wertschätzung, ersuchte die Mandatare aber gleichzeitig "mit Nachdruck", die offenen Empfehlungen der Prüfbehörde umzusetzen.

Moser zeigte sich überzeugt, dass seine designierte Nachfolgerin ihre Aufgabe mit vollem Engagement wahrnehmen werde. Die Zahlen und Fakten zeigten die Notwendigkeit, dass dem "Wollen" ein "Tun" folgen müsse.

Die Abgeordneten würdigten Moser mit anhaltendem Applaus und viel Lob für seine Objektivität, Fairness und Sachlichkeit. "Sie waren auch immer so freundlich und so humorvoll", zeigte sich die grüne Abgeordnete und Vorsitzende des Rechnungshofausschusses Gabriela Moser sogar persönlich etwas wehmütig. Josef Moser habe viel beigetragen für die Reputation und Glaubwürdigkeit des Rechnungshofes, lobte auch der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP). (sefe, APA, 16.6.2016)