"Sind Roboter die zukünftigen Trainees?" Ganz im Zeichen des technologischen Wandels stand die Trainee Convention 2016 im Wiener Haus der Industrie. Auf dem Podium wurde über die Herausforderungen der digitalisierten und globalisierten Arbeitswelt diskutiert, über Fähigkeiten, die darin Vorteile bringen. Veranstalter war die Plattform Trainee-Net, ein Zusammenschluss von rund 600 Trainees aus 50 österreichischen Unternehmen.

Arbeitsmarkt der Zukunft

Keynoter Michael Büttner, Managing Director bei Accenture Österreich, sprach eingangs über Digitalisierung und Automatisierung und ihren Einfluss auf den Arbeitsmarkt. Routinetätigkeiten, sagt Büttner, fielen zunehmend weg, etwa in der industriellen Produktion oder der Verwaltung. "Sie werden automatisiert." Stattdessen würden neue Berufsbilder entstehen. Mehr Jobs werde es künftig vermutlich im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor geben. Weiterhin wichtig seien im Arbeitsmarkt der Zukunft komplexe, nichtroutinierte Tätigkeiten. Sie könnten nicht so leicht von Maschinen ersetzt werden, so Büttner. Auch Podiumsgast Clemens Zierler, Geschäftsführer des Instituts für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik an der Universität Linz, beruhigt in der anschließenden Diskussion: "Für uns in Mitteleuropa gelten die amerikanischen Prognosen, nach denen 47 Prozent der Jobs wegfallen, nicht. Die Technologisierung ist ein permanenter, langsamer Wandel."

TraineeNet-Obfrau Raffaela Ortner hielt eine Eröffnungsrede.
Foto: TraineeNet/Lisa Edi

Auch der Arbeitsmarkt der Zukunft braucht also – zumindest vorerst – nach wie vor Menschen. Und was müssen diese können? Unternehmensberater Büttner hält kreative Intelligenz, "das, was man in eine Organisation einbringen kann", für eine Zukunftsqualifikation. Johannes Zimmerl, Personaldirektor bei Rewe, stimmt zu: "Es wird eine der Herausforderungen der jungen Generation sein, Veränderungen mitzuentwickeln." Man müsse eigene Ideen aber nicht nur haben, sondern sie auch einbringen, diskutieren und verteidigen können.

Büttner riet in seiner Keynote zu radikalem Denken.
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Entscheidend: Soft Skills

Büttner ermutigt die Zuhörerinnen und Zuhörer – in der Mehrheit Trainees – diesbezüglich zu "Radikalität": "Denken Sie disruptiv." Wer in einem Zeitalter erdrutschartiger Veränderungen erfolgreich sein wolle, der müsse bereitwillig Risiken eingehen. Das bedeute, "alte Muster hinter sich zu lassen und neue zu finden". Genau solche Persönlichkeiten würden Unternehmen derzeit suchen. Büttner: "Vergessen Sie nicht, Sie sitzen am längeren Hebel."

Als weiteren wichtigen Soft Skill nennen die Podiumsgäste soziale Intelligenz – um gut im Team zu arbeiten und Netzwerke zu bilden, persönlich sowie online. Essenziell sei darüber hinaus Kommunikationsfähigkeit.

Am Podium v.li. Franz Klager (Project Manager STRABAG, Moderation), Clemens Zierler von der Uni Linz, Soziologe Kenan Güngör, Start-up-Gründerin Anna Iarotska, Michael Büttner von Accenture und Stefan Rafferseder (Trainee Siemens AG, Moderation).
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Must-have im digitalen Zeitalter sei zudem technisches Können. Die Kenntnisse, die man in der modernen Arbeitswelt brauche, seien jedoch völlig andere als jene, die man im Alltag erwerbe. Das heißt also: Auch Digital Natives müssten sich in diesem Bereich weiterbilden. "Sie haben IT-Kenntnisse auch nicht in der Kinderstube aufgesaugt", sagt Experte Zierler. "Nur weil man sich mit Snapchat und einem iPhone auskennt, kann man noch lange kein hochentwickeltes IT-System eines Unternehmens bedienen."

Dass Ältere und Jüngere sich in ihrem Technologieverständnis grundsätzlich unterscheiden, hält auch Zimmerl von Rewe für einen Mythos. Sein Unternehmen bietet seit einigen Jahren ein Senior-Trainee-Programm an. Was der Personalchef dadurch erfahren haben will: Nicht das Alter, sondern die Einstellung entscheide über die Lernbereitschaft in puncto Technik. Dazu Büttner: "Auch ich bin 57 Jahre alt und habe Spaß an diesen Themen." Dennoch glaubt er: Große Inputs und Innovationen kommen von den Jungen. "Nutzen Sie also Ihren Vorteil als Digital Natives", appelliert er an das Publikum.

Den Moderatoren ging es darum, zu verstehen, welche Fähigkeiten künftige Führungskräfte im digitalen Zeitalter benötigen.
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Über den Tellerrand

Neben technisch Versierten werde es in Zukunft mehr echte Fachexperten – Programmierer, Entwickler – brauchen, prognostizieren die Diskutanten auf dem Podium. Nicht zuletzt deshalb müssten Kinder schon früher an Technik herangeführt werden, wirbt Anna Iarotska. Sie ist Mitgründerin von Robo Wunderkind – einem Start-up, das Bausteine verkauft, die Kinder zu Robotern zusammenstecken können. Iarotska will auch Erwachsenen die Angst vor Hightech nehmen: "Einen Roboter zu bauen ist nicht kompliziert. Und man kann damit wirklich coole Sachen machen."

Im Publikum: großteils Trainees.
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Auch für Fachexperten immer entscheidender werde der Blick über den Tellerrand der eigenen Expertise, Stichwort Querschnittsqualifikationen. "Wir werden künftig immer breitere Aufgaben übernehmen, uns auch mit angrenzenden Fachgebieten auseinandersetzen müssen", sagt Zierler.

Trotz aller Breite dürfe man "die Tiefe nicht vergessen", mahnt wiederum Kenan Güngör. Von allem etwas gehört zu haben, aber nichts richtig zu verstehen, hält der Soziologe für die falsche Strategie. Er bedauert: Dieses Phänomen des "dummen Entscheiders" trete im Globalisierungs- und Digitalisierungszeitalter immer häufiger in Erscheinung. Unternehmenschefs und Politiker seien gezwungen, in immer kürzerer Zeit hochkomplexe Entscheidungen zu treffen, häufig ohne Vorwissen. "Gleichzeitig sind die Folgen größer. Sie betreffen nicht mehr nur das eigene Subsystem, sondern ganz viele Systeme."

Trainee-Sein heißt auch Netzwerken. Das taten die Convention-Teilnehmer in den Diskussionspausen.
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Was interessiert wirklich?

Deshalb, sagt Güngör, sei stetiges Denken in größeren Zusammenhängen unabdinglich, ebenso ein kritischer Blick, auch auf die eigene Karriere. Nonkonformismus könne der persönlichen Entwicklung durchaus zuträglich sein: "Achten Sie darauf, nicht hypegefertigt zu sein." Um weiterzukommen, solle man sich bewusst Gegenpole suchen, "sich reiben", sagt Diskutant Zierler. Auch Mentorinnen und Mentoren hält er für nützlich. Anstatt einem straighten Programm zu folgen, solle man auch offen sein für die Zufälle des Lebens: "Es ist gut, dass man einen Plan hat, auf den man zurückgreifen kann. Aber ebenso wichtig ist, dass Menschen auch noch eine Leidenschaft haben", sagt Güngör. "Was also interessiert Sie wirklich?"

Sich Zeit zu nehmen, um aktiv eigene Präferenzen zu entdecken, empfiehlt auch Rewe-Personalchef Zimmerl – schließlich gehe es darum, wie man die nächsten zehn bis 20 Jahre verbringen werde. "Ich rate Ihnen, ein paar Monate segeln zu gehen und herauszufinden: Wo liegen meine Stärken? Was macht mir Spaß? Am besten nicht nach, sondern vor dem ersten Karrieresprung." Im Idealfall resultiert daraus eine Selbsterkenntnis, eine Herzensentscheidung. Und die müsse nicht unbedingt für das Thema Managementkarriere oder Gehalt ausfallen, sagt Zimmerl.

Verliehen wurde auch der TraineeNet-Award, eine Auszeichnung für besonders hochwertige Trainee-Programme.
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Preis für Trainee-Programme

Verliehen wurde an diesem Abend erstmalig auch der "TN-Award": eine Auszeichnung für Unternehmen, die besonders hochwertige Trainee-Programme anbieten. In der Jury saßen Fachexperten und -expertinnen, darunter auch Karin Bauer, Leiterin des Ressorts Karriere im STANDARD.

Gekürt wurden die Robert Bosch AG, die durch ein besonders umfangreiches und internationales Programm überzeugte, Coca-Cola, wo den Trainees zusätzlich Mentoren an die Seite gestellt werden, und die ÖBB, deren Nachwuchstalente offenbar besonders vernetzt sind, innerhalb und außerhalb des Unternehmens. (Lisa Breit, 21.6.2016)