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VW erhält mehr Zeit in den USA, um einen Kompromissvorschlag wegen des Skandals um manipulierte Abgaswerte auszuarbeiten.

Foto: Reuters/Mike Blake

Der Versprecher sorgte für Heiterkeit. "Die neue Strategie ist nicht im Eiffelturm ...", setzte VW-Chef Matthias Müller am Donnerstag an, als er die neuen Volkswagenpläne vorstellte, um sich gleich darauf zu entschuldigen ("wenn man zu viel Europameisterschaft schaut") und zu korrigieren: "Die neue Strategie ist nicht im Elfenbeinturm entstanden, sondern kommt aus der Mitte."

Danach aber war der Chef von Europas größtem Automobilkonzern voll konzentriert, denn er hatte ja auch keine Kleinigkeit zu verkünden, sondern den größten Umbau in der Geschichte von VW. "Wir stellen hier einen traditionellen Konzern auf den Kopf", so der 63-Jährige. Er will das Unternehmen nach "Dieselgate" grundlegend neu aufstellen.

Volkswagen wird künftig sehr viel stärker auf Elektromobilität setzen. Bis zum Jahr 2025 sollen Elektroautos rund 20 bis 25 Prozent des Konzern-Gesamtabsatzes ausmachen, Batterietechnologie wird ein "neues Kompetenzfeld". Volkswagen überlegt auch den Bau einer eigenen Batteriefabrik, um sich von asiatischen Zulieferern unabhängiger zu machen. Müller rechnet damit, dass in rund zehn Jahren jeder vierte Wagen auf dem Weltmarkt rein batteriebetrieben sein wird und ohne herkömmlichen Verbrennungsmotor auskommt.

Neue Konzernsäule in Berlin

Zur neuen Strategie zählt auch der Aufbau eines neuen Geschäftsbereichs für Mobilitätsdienste als eine Säule des Konzerns. Sitz dafür soll nicht am Stammsitz in Wolfsburg sein, sondern in Berlin. Müller will bis 2025 einen zweistelligen Milliardenbetrag investieren.

Vor kurzem hatte VW eine Beteiligung am Fahrdienstvermittler und Uber-Rivalen Gett verkündet. Dies werde der "Nukleus für den Ausbau des Geschäfts. Um diesen Kern werden wir in den nächsten Jahren in rascher Folge weitere Dienste wie Robotaxis, Carsharing oder Transport-on-Demand gruppieren", so Müller.

Weniger Modelle

Um all dies zu finanzieren, muss VW allerdings profitabler werden. Deshalb will Müller auch bei den zwölf Marken des Konzerns Veränderungen. Sie sollen eigenständiger arbeiten, Kosten senken und günstigere Modelle produzieren. Müller plant auch eine Reduzierung der rund 340 verschiedenen Modellvarianten und eine Änderung des Baukastensystems bei der Produktion: Künftig wird VW nicht mehr mit zwölf, sondern mit vier Varianten arbeiten.

Seine Zuversicht für die neue Strategie begründet er so: "Die aktuelle Krise wirkt derzeit wie ein Katalysator. Bei Volkswagen haben sich Türen geöffnet. Die Bereitschaft zur Veränderung ist deutlich gewachsen. Das spüre ich im persönlichen Kontakt mit Führungskräften, Belegschaftsvertretern und Mitarbeitern jeden Tag." (Birgit Baumann, 16.6.2016)