Recht haben, sein Territorium mit allen Mitteln verteidigen, keinen Schritt weichen. Was in der Tierwelt das Überleben sichert, bedeutet für Firmen viel mehr eine Bedrohung.

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Wien – "Freunde sind wir nicht geworden, aber wir konnten wieder zusammenarbeiten." Stefan Hacker hatte vor Jahren als Geschäftsführer der Firma Wildalp kaum eine Wahl. Er musste mit seinem Vertriebspartner wieder reden. Dieser hatte ihn vor Gericht gezerrt, weil ihm Provisionen durch die Lappen gingen.

Hacker hatte den Vertrieb seines Alpenwassers aus der Steiermark selbst in die Hand genommen, obwohl vertraglich anderes fixiert war.

Zuletzt hatten die Streithähne schon gar nicht mehr miteinander geredet, erinnert sich Hacker: "Wir haben ‚Grüß Gott‘ und ‚Auf Wiederschauen‘ gesagt, dazwischen haben wir nur noch schriftlich oder über Anwälte kommuniziert."

Dass man am Ende doch wieder zu einer gedeihlichen Geschäftsbeziehung fand, verdankte man der zuständigen Richterin am Wiener Handelsgericht. Diese beschied gleich beim ersten Termin:"Das ist ein Fall für die Mediation und nicht für das Gericht."

Die beiden Kontrahenten waren zunächst verblüfft – und von dem Vorschlag nicht sehr angetan. Was sie überzeugte, war das Argument, dass ihnen dies billiger käme.

Krisenfeuerwehr

Noch hat Wirtschaftsmediation als Form der außergerichtlichen Streitbeilegung das "Image der Krisenfeuerwehr", glaubt Alexandra May. Die Wirtschaftsmediatorin vertritt die Wiener Mitglieder ihrer Zunft auch in der Wirtschaftskammer im Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (Ubit). Ihre Kunden wünschen sich oft eine Organisationsberatung: "Das man einen Konflikt hat, ist gar nicht immer von vornherein klar."

Konfliktträchtige Themen in Unternehmen gibt es nach ihrer Erfahrung viele. Die typischen: Zwei Unternehmen gehen zusammen, Vertragsstreitigkeiten, ein Generationenwechsel.

Unternehmen kosten solche unbearbeiteten Minenfelder im Ernstfall ziemlich viel Geld. Die Unternehmensberatung KPMG hat den Umfang vor Jahren für deutsche Unternehmen in Zahlen gegossen: Demnach verschlingen Konflikte am Arbeitsplatz pro Jahr im Schnitt eine Summe, die zwanzig Prozent der Personalkosten entspricht und damit mehrere Hunderttausend, ja sogar Millionen Euro.

May hält diese Zahlen durchaus für realistisch. Doch woher kommt es, dass es in Firmen häufig brodelt?

Enormer Zeitdruck

Dass Menschen heute streitsüchtiger sind, glaubt May nicht. "Aber alles ist schnelllebig, der Zeitdruck ist enorm. Außerdem hat man früher mehr miteinander geredet." Die knappe Kommunikation berge beträchtliches Konfliktpotenzial. "Via SMS oder E-Mails kommt manches schärfer an als beabsichtigt."

Nicht immer ist Konfliktlösung das Ziel. Oft geht es auch nur darum, Streitkultur zu lernen. Billig ist eine Mediation mit rund 300 Euro je Stunde nicht. Handelt es sich um einen betriebsinternen Konflikt, sind die Ausgaben als Betriebsausgabe absetzbar. Am Ende spart sich mancher trotzdem Geld.

Hacker hat sich die 3500 Euro für die Beraterstunden mit seinem Partner geteilt. Die Abschlagszahlung wäre viel höher gewesen. "Am Ende stand ein neuer Vertrag, und auf zwischenmenschlicher Ebene ist auch etwas passiert. Wir sind sogar mittagessen gegangen, ohne Mediation." (Regina Bruckner, 21.6.2016)