Was von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (vorne) als Abrechnung mit Kanzler Christian Kern (hinten li.), Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (re.)und der Regierungsmannschaft geplant war, wurde zur Kritik an der FPÖ.

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Wien – Als "Gejohle und Geschrei" sollte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder später bezeichnen, was sich Mittwochmorgen in der aktuellen Stunde des Parlaments zugetragen hat. Da hob die FPÖ an, unter der Überschrift "Sicherheit statt Asylzahlen-Tricksereien" das aus ihrer Sicht evidente Versagen der Regierung anzuprangern, da machte ihr Chef Heinz-Christian Strache die Obergrenze als "Marketinggag" und die neue Rechenart der Regierung, welche Asylanträge hier überhaupt hineinfallen, als "unredlich" und "unehrlich" aus.

Der Bundeskanzler war trotzdem "froh" über Straches Tonfall. Doch dem Lob folgte die Schelte – und zwar grundsätzlicher Art: "Das ganze Thema ist denkbar ungeeignet für Zuspitzungen, für einen Tonfall, der möglicherweise an den Rand der Verhetzung geht", attackierte Christian Kern (SPÖ) den Stil der FPÖ in der Asyldebatte und musste dafür lautstarke Zwischenrufe aus dem blauen Sektor einstecken. "Dafür sollten Sie sich entschuldigen", übertönte Strache sogar die eigenen Reihen und witterte Gefahr, der Kanzler beschimpfe 2,2 Millionen Hofer-Wähler als Rechtsradikale.

Kurzer Weg

Doch Kern, der tags zuvor von Usern auf Straches Facebook-Seite mit einer "schnellen Kugel" bedroht worden war, war die öffentliche Maßregelung der Blauen am Mittwoch ein Anliegen: "Das Plädoyer für einen zivilisierten Tonfall in der Debatte ist mir deshalb so wichtig, weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann." Die Postings wurden mittlerweile gelöscht und vom Bundeskanzleramt den Behörden gemeldet.

Der Applaus im Plenum des Parlaments war dem Kanzler auch sicher, als er davon sprach, dass es "ein denkbar kurzer Weg" von der Zuspitzung der Blauen "zu brennenden Flüchtlingsheimen" sei. Aufregung bei der FPÖ, was Kern zum Nachschlag motivierte: "Bei allen politischen Opportunitäten, wem das nutzen kann – das macht vielen Bürgern Angst! Die wollen das nicht. Die erwarten von uns einen anderen Umgang."

Zeit also für Inhaltliches: Wenn die FPÖ wiederholt das Flüchtlingsübereinkommen zwischen EU und Türkei kritisiert, macht das für Kern "keinen besonderen Sinn", ohne dass man einen alternativen Vorschlag präsentiert.

Jetzt stehe die Integration jener im Vordergrund, die bereits in Österreich sind, und "da würde ich Sie um Unterstützung bitten", nahm der Kanzler die blaue Oppositionspartei in die Pflicht. Gleichzeitig wolle er bei kriminellen Asylwerbern "keine falsche Toleranz üben". Dabei nur über polizeiliche Maßnahmen zu reden (Strache hatte zusätzliche Polizeiplanstellen gefordert) greife aber zu kurz: Es gehe hier auch um Bildung, um Perspektiven, darum, "die jungen Burschen" weg von der Straße zu holen.

FPÖ-Mandatar Gernot Darmann kann das alles nicht mehr hören, für ihn war die Wortmeldung Kerns nur ein weiteres Indiz dafür, dass es der Regierung an "Problembewusstsein" fehle.

Fragwürdiger Besuch

Werner Amon von der ÖVP wollte das nicht so stehen lassen. Er gebe der FPÖ in einem Punkt recht: "Es wurden von manchen einige Bewegungstendenzen unterschätzt." Eine Lösung der Verteilung von Flüchtlingen in Europa lasse sich aber nur mittels Debatten auf EU-Ebene erzielen und nicht durch die "fragwürdige Besuchs- und Einladungspolitik" der Blauen, spielte Amon auf Straches Treffen mit AfD-Chefin Frauke Petry und der Front-National-Chefin Marine Le Pen an.

Dann noch einmal die FPÖ, diesmal ist Walter Rosenkranz am Wort, der angesichts des Kern-Rüffels erklärte: "Sie, liebe Linken – in der Gesamtheit –, haben sicher nicht das Monopol für Demonstrationen." Generalsekretär Herbert Kickl assistierte mit einem Zwischenruf anlässlich der Störaktion der Identitären bei einer Vorlesung an der Universität Klagenfurt: "Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!" (Karin Riss, 16.6.2016)