Vor allem ein Problem der westlichen Welt: Immer satt, aber trotzdem mangelernährt.

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Peking/Wien – Immer mehr Länder weltweit kämpfen einem aktuellen Bericht zufolge mit Übergewicht und Mangelernährung zugleich. "Wir leben in einer Welt, in der es die neue Normalität ist, fehlerhaft ernährt zu sein", erklärte Lawrence Haddad vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI) zur Vorlage des aktuellen "Global Nutrition Report" am Dienstag.

Zur Klarstellung: Der Zustand der Mangelernährung ist nicht mit Unterernährung gleichzusetzen. Letztere, auch quantitative Mangelernährung genannt, ist jene Form der Fehlernährung, die zu einer negativen Energiebilanz und zu einem geringeren Körpergewicht führt.

"Einer von drei Menschen leidet unter irgendeiner Form von Fehlernährung", so Haddad. Der in Peking vorgestellte Bericht sieht mangelnde Fortschritte im Kampf gegen falsche oder unzureichende Ernährung. Die Kosten seien "niederschmetternd". Es werde nicht genug in Vorbeugung investiert. Der derzeitige Zustand sei "völlig unakzeptabel", sagt Haddad, Co-Vorsitzender der unabhängigen Expertengruppe, die den Bericht herausgibt.

Enorme wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen

44 Prozent, also 57 von 129 untersuchten Ländern mit verfügbaren Daten, weisen demnach ein "sehr ernstes Maß" sowohl an Mangelernährung als auch an Übergewicht und Fettsucht unter Erwachsenen auf. "Die Welt ist vom Kurs abgekommen, diesen Trend zu verlangsamen und umzukehren", heißt es in dem Bericht.

Fehlernährung sei für fast die Hälfte der Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren verantwortlich, schreiben die Autoren. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen falscher oder unzureichender Ernährung seien enorm. Elf Prozent der Wirtschaftsleistung gingen dadurch in Asien und Afrika verloren.

Schlimmer als die globale Finanzkrise

Auch Österreich ist in den Bericht enthalten. Beim Übergewicht liegt die Bevölkerung im Mittelfeld (Platz 86 von 190), ebenso bei Adipositas (Platz 82 von 190). Die Verbreitung von Diabetes ist in Österreich weniger verbreitet als in anderen Ländern: Laut den Autoren des Berichts leiden 5,7 Prozent der Bevölkerung an überhöhten Blutzucker, damit liegt Österreich im Posititv-Ranking auf dem siebenten Platz.

Im Gegensatz dazu spricht die Österreichische Gesellschaft für Diabetes von acht Prozent Diabetes-Anteil in der Bevölkerung. Zum Vergleich: Belgien und Burundi liegen mit einem Anteil von je 5,1 Prozent auf Platz eins, Tonga mit einem Anteil von 26 Prozent auf dem letzten Platz.

Untergewicht bleibt großes Problem

Dem Bericht zufolge gehe allein durch Über- oder Unterernährung jedes Jahr weltweit mehr Wirtschaftsleistung verloren als durch die globale Finanzkrise zwischen 2008 und 2010. Wenn ein Familienmitglied in den USA fettleibig sei, erhöhten sich die Gesundheitsausgaben um acht Prozent des jährlichen Einkommens. In China verliere ein Diabetiker rund 16 Prozent seines Gehalts.

Einer internationalen Studie zufolge, die kürzlich im Fachjournal "The Lancet" veröffentlicht wurde, sind seit dem Jahr 2011 weltweit mehr Personen übergewichtig als untergewichtig. Konkret: 375 Millionen Frauen und 266 Millionen Männer sind heute übergewichtig oder adipös. Seit 1975 wird die Weltbevölkerung alle zehn Jahre um 1,5 Kilogramm schwerer.

Im gleichen Zeitraum hat sich der Anteil der untergewichtigen männlichen Weltbevölkerung von 14 Prozent auf neun Prozent verringert. Bei den Frauen fiel der Anteil von 15 Prozent auf zehn Prozent. Untergewicht ist aber nach wie vor ein großes globales Problem, insbesondere in Zentral- und Ostafrika. Zudem sind in Ländern wie Indien und Bangladesh etwa ein Viertel der erwachsenen Männer und Frauen untergewichtig. (APA, dpa, red, 14.6.2016)