Kurz vor Schluss zündelten Russlands Anhänger noch, danach wurden sie gewalttätig.

Moskau – Ein ranghoher russischer Fußballfunktionär hat den Hooligans, die an den schweren EM-Krawallen am Samstag in Marseille beteiligt waren und sich heftige Scharmützel mit englischen Fans geliefert hatten, den Rücken gestärkt.

Igor Lebedew, Vorstandsmitglied des russischen Verbandes RFS, twitterte am Montag: "Ich kann nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden. Eher im Gegenteil. Bravo, Jungs. Macht weiter so!"

Nicht die Fans seien Schuld an dem, was in Marseille und anderen französischen Städten geschehen sei, sondern die Unfähigkeit der Veranstalter der Fußball-EM in Frankreich, betonte er. Lebedew kritisierte "die Politiker und Funktionäre, die unsere Fans verurteilen".

UEFA drohte mit Ausschluss

Das Exekutivkomitee des Europäischen Fußball-Union (UEFA) hatte dem russischen und englischen Verband mit dem Ausschluss vom Turnier gedroht, sollte es ähnliche Gewaltexzesse von Randalierern aus beiden Ländern wie in Marseille erneut im Turnierverlauf geben.

Wegen der Jagdszenen im Stade Velodrome von Marseille nach dem Abpfiff, als die russischen Hooligans englische Zuschauer auf der Tribüne attackiert hatten, läuft ein Disziplinarverfahren der UEFA gegen den RFS. Ein Urteil soll am Dienstag bekannt gegeben werden.

Lebedew ist der Sohn des Rechtsaußenpolitikers Wladimir Schirinowski, dessen ultranationalistische Liberaldemokratische Partei Russlands (LDPR) er als Abgeordneter in der Duma, dem russischen Unterhaus, vertritt. Lebedew ist auch einer der Vizepräsidenten der Duma.

Kritik von Frankreichs Sportminister

Indes hat Frankreichs Sportminister Patrick Kanner einen "bedauerlichen Mangel an Zusammenarbeit" Russlands kritisiert. Moskau hätte die Beteiligten niemals passieren lassen dürfen, sagte Kanner am Montag der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Es gibt 150 bis 200 russische Hooligans, die außer Gefecht gesetzt werden müssen."

Frankreich werde sich seine EM nicht kaputt machen lassen, sagte Kanner. "Wir haben bis zu diesem Zeitpunkt neun Spiele erlebt, und dieses (England gegen Russland) ist das einzige, bei dem es größere Zwischenfälle gegeben hat." Es sei möglich, ein EM-Ende ohne Ausschreitungen zu organisieren. (sid, APA, 13.6.2016)