Hillary Clinton wird die US-Präsidentschaftswahlen im heurigen November relativ sicher gewinnen. Obwohl sie ziemlich unbeliebt ist, werden sie viele aus Abneigung gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump wählen. Da der Immobilientycoon am laufenden Band Schwarze und Hispanics beleidigt, ist Clinton auch das Votum dieser Bevölkerungsteile sicher.

Angela Merkel, der ihre christliche Grundeinstellung in der Flüchtlingsfrage übelgenommen wurde, steht mit ihrer CDU in der zweiten Septemberhälfte 2017 zur Wahl. Angesichts des miesen Zustands der SPD (sie pendelt derzeit in den Umfragen um die 20 Prozent), ist ein Ende der großen Koalition absehbar. Merkel wird dann vermutlich ein schwarz-grünes Bündnis anführen.

Zuvor schon, am 23. April (Stichwahl am 7. Mai), gehen die französischen Präsidentschaftswahlen in Szene. Wenn man sich die "Beliebtheitswerte" von François Hollande ansieht, ist für ihn eine zweite Amtsperiode fast auszuschließen. Die Abkehr Hollandes von sozialistischen Prinzipien (durch den Versuch einer Teilentmachtung der Gewerkschaften) gefährdet seit Wochen den sozialen Frieden. Die Streiks, sogar während der Fußball-EM, zeigen, wie fragil die Regierungsmacht ist.

Profiteurin der faktischen Abdankung der Linken ist aber nicht ein Kandidat der rechten Demokraten, sondern die Freundin H.-C. Straches, Marine Le Pen. Wenn es denn auch in Frankreich zu einem Hofer-Effekt kommt und Le Pen die Stichwahl erreicht, ist alles möglich. Noch dazu, sollte ein Brexit den europäischen Populismus weiter kräftigen.

Kontinentaleuropa würde in einer solchen Situation mehr denn je eine Führungsfigur wie Angela Merkel brauchen – auch gegenüber den Irrlichtern im Osten. Namentlich in Polen und in Ungarn. Aus dieser Perspektive wirken die linken Regierungschefs von Italien und Griechenland wie demokratische Musterknaben.

Im Falle einer Machtübernahme müsste Le Pen zunächst alle Hände im eigenen Land einsetzen. Die Opposition gegen Versuche, nach dem Vorbild der Regierungen in Warschau und Budapest die Gewaltenteilung einzuschränken, hätte in Frankreich eine riesige Protestwelle zur Folge. Eine "lame duck" würde Le Pen gleichwohl nicht sein wollen. Also Konfrontation.

Was also wird, wenn die französisch-deutsche Achse zerbrechen sollte? Oder zumindest vorübergehend lahmgelegt wäre? Denn das wird an den Wahlurnen nicht entschieden. Die Wählerinnen und Wähler verfügen über keine strategische Vernunft.

Trotz des vermutlichen Scheiterns des Handelsabkommens (TTIP) könnte eine Achse Merkel- Clinton beruhigend wirken. Aber auf die europäischen Turbulenzen hätte sie wenig Auswirkungen. Denn da steht (Stichworte Syrien und Flüchtlinge) auch ein Mann auf der Bühne: Wladimir Putin. (Gerfried Sperl, 12.6.2016)