Wien – Investor-Staat-Klagen sind eines der umstrittensten Kapitel im geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). Ein Bericht der UN-Handelskonferenz Unctad zeigt nun, dass Unternehmen in immer mehr Streitfällen gegen Staaten vor internationale Schiedsgerichte ziehen. Demnach wurde 2015 eine Rekordzahl von 70 neuen Fällen eingebracht. Die Zahl der jemals in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Fälle steigt damit auf 696. Davon waren zum Jahreswechsel insgesamt 444 abgeschlossen. 36 Prozent davon wurden zugunsten des Staates entschieden, 26 Prozent für den Investor und weitere 26 Prozent endeten in einem außergerichtlichen Vergleich, heißt es in dem UN-Bericht.

Hervorgehoben wird darin, dass immer mehr Klagen – 40 Prozent aller Fälle waren es im Vorjahr – gegen hoch entwickelte Länder eingebracht werden. In vielen davon erheben europäische Investoren Vorwürfe gegen europäische Staaten.

Bei den neu eingebrachten Fällen handelt es sich vielfach um Steuerstreitfälle. Teilweise wurden die Streitigkeiten schon vor nationalen Gerichten ausgefochten, bevor sie zu den privaten Schiedsgerichten gelangten. Nicht immer folgen diese den Entscheidungen der staatlichen Instanzen.

Knackpunkt in TTIP-Verhandlungen

Der Investorenschutz hat viele Gegner, nicht erst, seit er im transatlantischen TTIP-Abkommen verankert werden soll. So befürchtet das globalisierungskritische Netzwerk Attac, nationale Rechtssprechung könnte ausgehebelt werden. Das Abkommen erleichtere es Konzernen, europäische Staaten vor Schiedsgerichte zu bringen.

Investoren können über diesen Weg hohe Entschädigungssummen einklagen. Einer der bekanntesten Fälle betrifft den schwedischen Energiekonzern Vattenfall. Dieser klagte die Bundesrepublik Deutschland wegen des 2011 beschlossenen Atomausstiegs vor einem US-Schiedsgericht auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz – Ausgang offen. (smo, 10.6.2016)