Formvollendung auch zwei Nummern kleiner und fast schon leistbar: Nach dem Cabriolet der S-Klasse schließt Mercedes mit jenem der C-Klasse seine furiose diesjährige Oben-ohne-Offensive vorläufig ab

Verwindungssteifigkeit. Das ist jetzt keine politische Kategorie. Sondern zeigt auf, was ein Cabriolet oder Roadster an Fahrqualitäten zu bieten hat. Noch vor 15, 20 Jahren war es ja mitunter so, dass ein Cabrio beim Kurvenzirkeln vorn schon links in die Federn eintauchte, während es hinten noch rechts drinnen hing. Heute werden die Open-Air-Gerätschaften generell immer torsionssteifer, verwinden sich also weniger, und beim jüngsten Mercedes-Neuzugang ist dies besonders positiv aufgefallen – bei der Präsentation des C-Klasse-Cabriolets in der altösterreichischen Provinz Küstenland, zwischen Görz, Duino und Triest. Famose Ortswahl. Famoses Auto.

Foto: Mercedes

Dabei weiß man zunächst angesichts der umfangreichen Motorenpalette – inklusive der beiden AMG-Versionen stehen zwei Diesel und acht Benziner zur Auswahl – kaum, womit man loslegen soll. Bevor Verlegenheit entsteht, greifen wir einfach zum Topmodell, dem AMG C 63 S Cabriolet. 510 PS sind angesagt. Und sie sagen sich an. Wie formulierte es Rilke in der ersten seiner Duineser Elegien? Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir grade noch ertragen, und wir bewundern es, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören.

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Schreckhaft sollten zum Beispiel Menschen am Wegesrand nicht allzu sehr sein, wenn man im Vorbeifahren gerade das Brabbelbrabbel im Race-Fahrtmodus ausprobiert. War da wer mit einer Flinte unterwegs? Wir haben herzlich gelacht, und ja, das klingt dann schon ein bisserl prollig.

Was dieses Cabriolet, das erste übrigens, das unter der Kennung C-Klasse läuft, ansonsten überhaupt nicht ist. Weder im Erscheinungsbild noch im Gesamthabitus. Wir machten auch gleich den Gegencheck zum AMG, im 250 d, dem mit 204 PS stärkeren der beiden Diesel. Der als solcher kaum wahrnehmbar ist und das C-Cabrio zu einem ausgesprochen komfortablen Gleiter macht.

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Gas geben, wenn andere bremsen: Das antizyklische Konzept erwies sich schon mehrfach als zielführend. Mercedes demonstriert es derzeit mit Coupés, Cabrios und Roadstern. In Zeiten, in denen sich dort etliche Hersteller zurückziehen, legen die Stuttgarter richtig nach. Der bisher schönste, aber auch abgehobenste diesjährige Beitrag war das S-Klasse-Cabriolet, nun folgt das formal und konzeptionell eng verwandte der C-Klasse. Sauteuer, aber für Mercedes-Verhältnisse fast schon leistbar.

Apropos verwandt: Wie in der offenen S-Klasse ist auch hier ein Windschottsystem namens Luftkapperl (Aircap) erhältlich, das Verwirbelungen schön draußen hält. Für das C-Cabriolet gilt also nicht: Wer Wind sät, wird Sturm ernten – sondern Sonne.

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Schöne Cabrios tragen Textil, so auch dieses von Mercedes. Für Gourmets hält der Hersteller sogar ein Akustikverdeck bereit, dann herrscht bei geschlossenem Dach drinnen Stille wie im Coupé. Und das Dach lässt sich zwar bis 50 km/h öffnen oder schließen, geht das aber recht bedächtig an. 20 Sekunden benötigt das Manöver. Es gilt: entschleunigen, genießen. (Andreas Stockinger, 12.6.2016)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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