Prag – In Tschechien ist wegen einer geplanten Polizeireform eine Regierungskrise ausgebrochen. Der sozialdemokratische Innenminister Milan Chovanec will zwei Einheiten – die Antikorruptionseinheit und jene für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (UOOZ) – zusammenschließen, während die Protestbewegung von Finanzminister Andrej Babis dagegen ist und mit Austritt aus der Koalition droht.

Als Argument für die Reform wird genannt, dass sich beide Einheiten konkurrierten. Die Kritiker der Reform, zu denen auch die Staatsanwälte und die tschechische Filiale von Transparency International zählen, fürchten jedoch, dass es eher darum geht, den "unbequemen" UOOZ-Chef Robert Slachta "abzuschieben".

Die UOOZ und Slachta gelten laut tschechischen Medien als sehr erfolgreich in der Bekämpfung der Kriminalität, und zwar auch in den obersten politischen Ebenen. Es war die UOOZ, die 2013 die Ungereimtheiten um den damaligen konservativen Regierungschef Petr Necas (ODS) und dessen Büroleiterin und jetzige Ehefrau Jana Nagyova enthüllt hatte.

Die Affäre führte schließlich zum Fall des Kabinetts. Die UOOZ war auch beteiligt, als der Olmützer Kreishauptmann, Jiri Rozboril (Sozialdemokraten/CSSD), 2015 der Bestechung beschuldigt wurde. Außerdem hat die UOOZ den Ruf einer Polizeieinheit, aus der keine geheimen Informationen an Medien dringen.

"Zersörung einer erfolgreichsten Einheit"

Die Situation spitzte sich am Donnerstag zu, nachdem Schlachta mit mehreren Schlüsselmitarbeitern den Abgang von der Polizei angekündigt hatte. Er sei mit der Reform nicht einverstanden und wolle sich nicht daran beteiligen, sagte er, obwohl der Polizeipräsident ihm auch in der neuen Struktur einen wichtigen Posten versprochen hat.

ANO spricht von einer "Devastation der erfolgreichsten Polizeieinheit" und Babis stellte den Austritt aus der Koalition in Aussicht, falls die Reform durchgesetzt wird. Ein weiteres Funktionieren der Regierung ist laut Babis "schwierig". ANO wolle "nicht der Liquidierung einer Eliten-Einheit zusehen, die keine Angst hatte, gegen die Korruption der Politiker einzugreifen".

Chovanec beharrt jedoch an der Reform und versicherte, diese werde die Fälle, an denen die UOOZ-Polizisten aktuell arbeiten, "nicht betreffen". Den von Slachta angekündigten Abgang von der Polizei bezeichnete der Innenminister als "politisch motiviert". Der Regierungschef Bohuslav Sobotka (CSSD) erklärte, ANO reagiere "völlig unangemessen". Die Änderungen stünden ganz in der Kompetenz des Innenministers und des Polizei-Präsidenten, so Sobotka.

Unterdessen kündigte die Obere Staatsanwaltschaft in Olomouc (Olmütz) an, alle Akten zu den aktuellen Fällen der UOOZ physisch an sich zu nehmen, falls die Reform realisiert werde. Damit soll jegliches Informationsleck und eine eventuelle Einflussnahme ausgeschlossen werden, hieß es. (APA, 10.6.2016)