Klagenfurt – Eine Gruppe der rechtsextremen Identitären-Bewegung hat am Donnerstagnachmittag eine Vorlesung an der Universität Klagenfurt gestürmt. Wie Rektor Oliver Vitouch am Abend erklärte, war eine Gruppe von zehn teils verkleideten Männern mit Kamera und Megafon in den Hörsaal gekommen. Der Rektor forderte die Männer zum Gehen auf, sie verließen den Saal aber erst, nachdem er die Polizei gerufen hatte.

Vitouch wollte einen der Männer festhalten, wurde daraufhin bedroht und erhielt einen "leicht verschmerzbaren Schlag in die Magengrube". Seine Motivation, den Mann mit Lederjacke aufzuhalten, beschrieb er so: "Ich wollte die Identität des Identitären feststellen, das war ihm aber offenbar nicht so recht."

Landesamt für Verfassungsschutz ermittelt

Die Identitären waren auf unterschiedliche Weise verkleidet. Einer hatte sich laut Vitouch ein mittelalterliches Holzjoch umgeschnallt, ein anderer trug eine Burka. Nach Angaben der Polizei inszenierte die Gruppe in dem Hörsaal mit Steinen aus Styropor eine Steinigung. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

"Ich bin gegen 17.30 Uhr über die Störaktion informiert worden und sofort vom Rektorat in den Hörsaal gelaufen, wo gerade eine Ringvorlesung zum Thema Flucht und Asyl gehalten wurde", so Vitouch. Er habe die Gruppe aufgefordert, den Hörsaal zu verlassen, und versucht, ein Transparent zu entfernen. Das habe die rund zehn Personen aber nicht beeindruckt. Die Aktion sei offenbar genau geplant gewesen, die Teilnehmer durchwegs junge Männer, sagte der Rektor, der kürzlich zum Präsidenten der Universitätenkonferenz gewählt wurde.

Mehrere Studierende hätten den Vorfall auf Handyvideos festgehalten, sagte Vitouch. "Es dürfte also genug Zeugen geben, um die Leute identifizieren zu können." Seiner Einschätzung nach handelt es sich um Identitäre, die Polizei konnte diesbezüglich am Abend keine genaueren Angaben machen. Die Identitäre Bewegung Österreich prahlte bereits am Donnerstagabend auf ihrer Facebook-Seite mit der Aktion.

Vitouch will sich nicht einschüchtern lassen

Während des Zwischenfalls befanden sich rund 70 Studierende in dem Hörsaal, verletzt wurde niemand. Vitouch betonte, man werde sich auf keinen Fall einschüchtern lassen. Dass sich die Gruppe die Universität Klagenfurt ausgesucht hatte, dürfte mit der Uni-Abteilung für Sozial- und Integrationspädagogik zusammenhängen. Diese bietet einen Studiengang an, der mit einem Master of Arts abgeschlossen wird.

Mitterlehner verurteilt Störaktion

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat in einer Stellungnahme gegenüber der APA die "aggressive Störaktion an der Universität Klagenfurt auf das Schärfste" verurteilt: "Die Universitäten sind ein Ort für geistige Auseinandersetzung, Toleranz und Freiheit. Keinesfalls dürfen sie als Bühne für hetzerischen und aggressiven Aktionismus missbraucht werden. Das ist völlig inakzeptabel."

Öllinger: "Rechtsextreme Pöbeltruppe"

Auch die Grünen zeigten sich alarmiert. Nach der Aktion an der Klagenfurter Universität steht für deren Abgeordneten Karl Öllinger fest: "Bei den Identitären handelt es sich um eine rechtsextreme Pöbeltruppe, die nicht vor Gewaltaktionen zurückschreckt." Es sei "allerhöchste Zeit, dass gegen die Gruppe entschieden vorgegangen wird". Auch "die augenzwinkernde Sympathie, ja sogar offene Unterstützung" von Funktionären der FPÖ sei entschieden abzulehnen. Der Polizei riet Öllinger, die für Samstag geplante Demonstration der Identitären in Wien zu untersagen, der FPÖ, sich von den Identitären zu distanzieren.

"Solche Provokationen und Gewaltaktionen durch rechte Hetzer dürfen wir nicht akzeptieren. Wir müssen entschieden dagegen auftreten, Aufklärung fordern und klarmachen, dass wir derartige Einschüchterungsversuche in unserer Gesellschaft nicht dulden", kommentierte der designierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler die Störaktion der Identitären in Klagenfurt. Auch er forderte eine klare Distanzierung von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache von der Gruppierung, denn das "Naheverhältnis der gewaltbereiten, rechtsextremen Identitären zur FPÖ" werde immer offensichtlicher.

Kärntens Landeschef Kaiser entsetzt

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich entsetzt über die Aktion: "Ich verurteile solche aggressiven Angriffe auf das Schärfste." Man werde alle demokratischen Maßnahmen ergreifen, um solche Dinge zu verhindern. "Derartiges hat weder in Kärnten noch sonst wo das Geringste verloren und erfordert das Zusammenrücken aller demokratischen Kräfte." Kaiser verwies dabei auf eine Störaktion der Identitären Mitte April bei der Aufführung eines Stücks von Elfriede Jelinek im Audimax der Universität Wien. (APA, red, 10.6.2016)