Frankfurt/New York – Den europäischen Banken droht bei schärferen Regelungen zu Staatsanleihen laut Experten eine Kapitallücke in Milliardenhöhe. Im Extremfall müssten die EU-Geldinstitute ihr Kapitalpolster um bis zu 171 Milliarden Euro aufbessern, schreibt die Ratingagentur Fitch in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie. Davon kämen bis zu 135 Milliarden allein auf die Banken der Eurozone zu.

Alternativ könnten sich die Geldhäuser in den Euroländern von Staatsanleihen im Umfang von 492 Milliarden Euro trennen.

Bei ihren Berechnungen stützen sich die Fitch-Experten auf bisherige Überlegungen der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der EU-Finanzminister. Diese wollen die Abhängigkeit der Banken von den Finanzen ihrer Heimatstaaten verringern. Die Geldinstitute müssten die Ausfallrisiken der Staatsanleihen in ihren Bilanzen demnach künftig stärker berücksichtigen. In der Folge müssten sie ihre Kapitalbasis durch die Ausgabe neuer Aktien, die Einbehaltung von Gewinnen oder durch den Abbau von Risiken stärken. Zuvor hatte bereits die "Financial Times" (FT) aus der Studie zitiert.

Fitch hat in der Studie fünf Szenarien durchgerechnet: Bei der mildesten angenommenen Regulierung müssten die Banken in der EU ihr Kapital demzufolge um insgesamt 15 Milliarden Euro aufstocken. Im härtesten Szenario wären es 171 Milliarden.

Die größten Banken in der EU wären von der Neuregelung laut Fitch weniger betroffen. Die großen Geldhäuser hätten ihre Investitionen in Staatsanleihen bereits breiter gestreut und ihre Kapitalunterlegung schon nach eigenen Berechnungsmodellen angepasst. Kleinere Banken in schwächeren Staaten müssten sich aber teils deutlich umstellen, da sie häufig besonders viel Geld in Staatsanleihen ihrer Heimatländer angelegt haben. Dies gelte etwa für Geldinstitute in Portugal, Italien und Spanien. (APA, 8.6.2016)