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Großer Star nach den Wahlen vom Sonntag: Virginia Raggi, die Kandidatin der Fünf-Sterne-Protestbewegung.

Foto: ap/Alessandro Di Meo

13,5 Millionen Italiener waren am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme bei den Bürgermeisterwahlen abzugeben. In 1.342 Kommunen wurde abgestimmt. Besondere Aufmerksamkeit war nach Rom gerichtet. Von Anfang an hatte sich ein bahnbrechendes Ergebnis abgezeichnet. Nach den Skandalen von "Mafia Capitale" und dem Rücktritt des ehemaligen Bürgermeisters Ignazio Marino musste sich der Kurs endgültig ändern. Die Fünf Sterne-Bewegung um den Kabarettisten Beppe Grillo präsentierte sich als die Alternative, die sich nicht am Verfall Roms und den Machtspielchen in den vergangenen Jahren beteiligt hatte. Daher verfüge sie über die notwendige Ehrlichkeit und Transparenz, die Stadt während der nächsten fünf Jahre auf die richtige Bahn zu führen.

Großer Star nach den Wahlen ist die Kandidatin der Protestbewegung Virginia Raggi. Sie stellt für viele Bürger der Hauptstadt eine Hoffnung für die Zukunft dar und brachte einen Hauch Neuheit in die Reihen der alten Politik des Campidoglio. Die junge Anwältin erlangte 35 Prozent der Stimmen in der ersten Runde. In die Stichwahl am 19. Juni geht sie mit einem klaren Vorsprung auf den von Ministerpräsident Matteo Renzi designierten Kandidaten Roberto Giachetti, der auf 24 Prozent kam. Giorgia Meloni, Kandidatin der euroskeptischen rechten Partei "Brüder Italiens", unterstützt von Lega Nord und dessen Parteisekretär Matteo Salvini, blieb ihm mit 20,9 Prozent der Stimmen auf den Fersen.

Nicht nur Rom

Renzis Kandidat Giuseppe Sala (41,6 Prozent) und Stefano Parisi (40,9 Prozent) aus dem Mitte-Rechtslager sind in Mailand die zwei Konkurrenten für die Stichwahl in zwei Wochen. Die Fünf-Sterne-Bewegung überrascht auch in Turin, wo ihre Kandidatin Chiara Appendino 30,9 Prozent der Stimmen erobert und somit den seit fünf Jahren amtierenden Bürgermeister der Demokratischen Partei, Piero Fassino (41,8 Prozent), bei der Stichwahl herausfordert.

Neapel war auch ein schwerer Prüfstand für Renzi. Die PD-Kandidatin Valeria Valente schafft es nicht in die Stichwahl und erlangt knapp 11,6 Prozent der Stimmen, was das schlimmste Resultat seit den Wahlen im Jahr 2013 ist. Als klarer Sieger erweist sich Luigi de Magistris (42,5 Prozent) in der Stichwahl trifft er auf den Mitte-Rechts-Kandidaten Gianni Lettieri (24 Prozent).

Endet eine Ära?

Im Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2013 wird deutlich, dass die Fünf-Sterne-Bewegung ihr Potenzial verdreifacht hat und zur stärksten Partei in der Hauptstadt geworden ist. Die im 2009 gegründete Protestbewegung gewinnt nach wie vor an Popularität und erlangt Vertrauen von großen Teilen der Bevölkerung, auch in Hochburgen der etablierten Parteien wie zum Beispiel in Turin, wo sie neben Rom stärkste Partei wurde.

Dem rechten Lager droht ein politisches Erbeben. Die Achse Lega Nord – Brüder Italiens stellt die schon längst vergangene Führung Silvio Berlusconis in Frage und präsentiert sich als Alternative zu Forza Italia, die von vielen als abhoben und bürgerlich wahrgenommen wird.

Die Wahl vom Sonntag könnte der Ausgangspunkt eines irreversiblen Risses im politischen Panorama Italiens sein. Angesichts der angekündigten Unterstützung der Achse Salvini – Meloni für die Fünf-Sterne-Kandidatin in der Stichwahl in Rom wird sich der Spalt innerhalb der rechten Parteien unmittelbar weiter vergrößern. Das könnte Nachwirkungen auf zwei Ebenen haben. Auf der einen Seite könnte es das Modell geeinter und moderater Rechte, wie es in Mailand eingetreten ist, scheitern lassen. Auf der anderen Seite könnte es alte Bündnisse, die die Regierung zurzeit noch am Leben halten, zu Ende führen. (Vittorio Bianchi, 7.6.2016)