Ein "faires, einfaches" Mietrecht wird regelmäßig gefordert. Die Vorstellungen davon differieren aber.

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Wien – Eine umfassende Mietrechtsreform, den vielfach verlangten "großen Wurf", nehmen sich die jeweiligen Koalitionsregierungen schon seit vielen Jahren vor, bisher stets erfolglos. Justizminister Wolfgang Brandstetter (VP) will nun die Gespräche "wieder in Gang setzen", denn das "politische Klima" habe sich jüngst positiv verändert, so der Minister. Gleichwohl wurde die Position der SP-nahen Mietervereinigung, ohne die bisher eine Mietrechtsreform undenkbar war, durch den Abtritt Werner Faymanns etwas geschwächt. Dennoch ist der Weg zu einem "Mietrecht, mit dem alle leben können", noch weit. Die Eckpunkte:

  • Zersplitterung: Im Lauf der letzten Jahrzehnte war man in puncto Mietrecht nicht untätig, es gab laufend Reformen oder Reförmchen, entsprechend viele Bestimmungen bestehen heute parallel. Wichtige Meilensteine waren die Einführung der Kategoriemieten 1982 und der Richtwertmieten 1994, die für Altbauwohnungen gelten. Das hat zur Folge, dass es auch innerhalb eines Hauses oft sehr unterschiedliche Miethöhen gibt.

  • Preisdeckel: Die SPÖ schlug 2014 in ihrem "Entwurf für ein Universalmietrecht" vor, einen Basismietzins von 5,50 Euro einzuführen, mit einem System aus Zu- und Abschlägen. Diese Basismiete wäre in etwa auf Höhe des aktuellen Wiener Richtwerts (5,39 Euro), der allerdings – wie die Immobilienwirtschaft zu kritisieren nicht müde wird – der zweitniedrigste aller Länder ist. Das "Universalmietrecht" sollte für alle Mietverhältnisse mit Ausnahme geförderter Wohnungen gelten, sofern die Häuser mindestens 20 Jahre alt sind. Neuere Häuser wären frei vermietbar. Gegen diesen Vorschlag läuft die Immobilienwirtschaft dennoch Sturm, weil ihr die 20 Jahre viel zu kurz sind. Die Einführung eines "mitlaufenden" Datums anstelle fixer Stichtage wie dem 8. Mai 1945 (Datum der Baubewilligung), der derzeit für die Kategorisierung als "Altbau" herangezogen wird, wäre aber wohl sinnvoll.

  • Befristungen sind für Mieterschützer ein Grundübel und der Hauptgrund dafür, warum die Mieten im privaten Segment rascher steigen als im geförderten Segment. Vermietervertreter halten dagegen, dass es wegen des starken Mieterschutzes schlicht eine Notwendigkeit sei, nur noch befristet zu vermieten, weil man Mieter, die nicht mehr zahlen oder sich unbotmäßig verhalten, erst nach langwierigen und mühsamen Gerichtsverfahren aus der Wohnung bekommt. Ein Ansatz wäre hier, die Abläufe zu beschleunigen. Eine besondere Absurdität des heimischen Mietrechts ist allerdings, dass Befristungen im (beliebten) Altbau, wo der Richtwert gilt, einen 25-prozentigen Abschlag von der Miete nach sich ziehen, in Nachkriegs-"Neubauten", also auch in schlecht gedämmten Häusern aus den 1950er- bis 1980er-Jahren, aber nicht. Viele Experten treten hier für die generelle Wiedereinführung des gestaffelten Befristungsabschlags ein, wie er bis 2000 üblich war. Der SPÖ-Entwurf sähe das vor: Abschläge von 20 bis 40 Prozent, je nach Länge der Befristung.

  • Kündigungsschutz: Dass Vermieter am liebsten nur noch befristet vermieten, liegt auch am strengen Kündigungsschutz. Unbefristete Verträge sind kaum kündbar, selbst bei Eigenbedarf des Vermieters nur schwer. Die Wiener Immobilienwirtschaft machte vor wenigen Monaten den Vorschlag, eine "grundlose" Kündigungsmöglichkeit für Vermieter einzuführen, mit zwölfmonatiger Frist, wobei die letzten drei Monate vor dem Auszug für den Mieter mietfrei sein sollten. Die Neos wollen eine ähnliche Regelung nun ins Parlament bringen, aber ohne die mietfreie Zeit. Für Mietervertreter ist jede Aufweichung tabu.

  • Eintrittsrechte: In bestehende Mietverträge können außerdem Kinder, Enkel oder Geschwister unter bestimmten Voraussetzungen eintreten. Die Immo-Wirtschaft geißelt das als "Förderung von Mietadel" und sieht im "Zurückhalten" von eigentlich nicht benötigten, aber billigen Wohnungen einen Mitgrund für die schwierige Situation am Wohnungsmarkt. Die Arbeiterkammer will an den Eintrittsrechten festhalten, sie sieht darin die Möglichkeit, "Familienwohnungen" langfristig als solche zu halten. Die SP-nahe Mietervereinigung hat in diesem Punkt schon Entgegenkommen signalisiert, im Abtausch gegen mieterfreundliche Änderungen anderswo. Strengere Eintrittsrechte fordern aber etwa auch gemeinnützige Bauvereinigungen, die darin einen Beitrag sehen, ihre Wohnungen bedarfsgerechter vergeben zu können. (Martin Putschögl, 7.6.2016)