Das klare Nein der Schweizer zu einem bedingungslosen Grundeinkommen legt ein Dilemma dieses innovativen, aber umstrittenen Planes offen: Nur sehr reiche Gesellschaften können es sich leisten, allen so viel zu zahlen, dass sie nicht arbeiten müssen. Aber gerade dort ist auch das Arbeitsethos besonders ausgeprägt – und die Bereitschaft, Untätigkeit zu finanzieren, gering.

Daher war die Schweiz der logische Ort für eine solche Initiative – und der Ausgang ebenso erwartbar. Auch die Schweizer machen sich Sorgen, ob ihr Wohlstand in einer unsicheren Welt erhalten werden kann; das erklärt die Popularität der rechtspopulistischen SVP. Und ein Grundeinkommen kann – wenn es den Leistungswillen zu vieler Bürger schmälert – ein Land in eine Verarmungsspirale führen. Denn Reichtum ist keine feste Größe, sondern muss von Tag zu Tag neu erarbeitet werden.

Der Pilotversuch im nur halb so wohlhabenden Finnland geht in eine andere Richtung: Dort sind Zahlungen geplant, die für ein würdevolles Leben nicht reichen und dem Staat letztlich Geld ersparen sollen.

Die Debatte um ein Grundeinkommen wird nicht abreißen, denn manche Trends im Arbeitsmarkt sprechen für eine Entkoppelung von Arbeit und Einkommen. Aber auch andere werden wohl zum gleichen Schluss kommen wie die Schweizer: Ein Staat, der das Einkommen aller garantiert, gefährdet seine eigene wirtschaftliche Grundlage. (Eric Frey, 5.6.2016)