Fahrrad gegen Auto.

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Vergessen Sie Simmering, vergessen Sie Kapfenberg. Wahre Brutalität findet nicht auf dem Travnicek'schen Spielfeld, sondern auf der Straße statt, wo sich Radler mit Autofahrern matchen.

Der Schwede Fredrik Gertten untersucht in seinem Dokumentarfilm "Fahrrad gegen Auto, eine Straßenschlacht" Großstädte auf ihre Velocipedophilie – da darf Kopenhagen als fahrradfreundliches Schlaraffenland nicht fehlen. Fünf von sechs Kopenhagenern besitzen ein Radl, 40 Prozent der 590.000 Einwohner sind tagtäglich auf den 1000 Kilometern an Radwegen unterwegs (Ätsch! Wien hat 1300 Kilometer!). Für viele der Himmel auf Erden, aber nicht für Ivan, den Taxler. Der dänische Grantler betrachtet die Radler als aggressives Kollektiv, als Teufel.

In Bogotá sind die Radfahrer auch Teufel – aber arme, denn die Mittel- und Oberklasse fährt Auto. Ausnahmslos.

Raquel aus São Paulo würde ihren kleinen Fiat am liebsten in Luft auflösen können. 20 Millionen Menschen, sieben Millionen Autos, alle paar Tage ein toter Radfahrer. Radstreifen? Fehlanzeige auf der achtspurigen Avenida. Dabei hätten Raquel und andere Städteplaner wunderbare Konzepte auf dem Tisch liegen – doch die Politik ist taub.

Fast identisch die Lage in Los Angeles, wo eine zünftige Gang-Schießerei kaum gefährlicher zu sein scheint als eine Fahrt mit dem Velo. Außer es tritt endlich Carmageddon ein, der totale Verkehrskollaps.

Die Lösung? Die bleibt Gertten freilich schuldig, aber mit diesem Film hat er mehr getan als viele andere: nämlich einen guten Denkanstoß geliefert. Sollten Sie am Sonntag um 23.05 Uhr noch immer im Stau gesteckt sein: Sie können den Film noch eine Woche lang auf tvthek.orf.at anschauen – aber bitte nicht beim Fahren! (Gianluca Wallisch, 5.6.2016)