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Begeisterung auf den Straßen von Zürich für das bedingungslose Grundeinkommen, das nur für Schweizer Bürger gelten soll

Foto: Reuters/Wiegmann

Bei aller Begeisterung, die die Schweizer Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen unter vielen Progressiven ausgelöst hat, sollte ein Aspekt nicht übersehen werden: Die geschenkten 2500 Franken (2268 Euro) im Monat, über die am Sonntag abgestimmt wird, dürfte in seiner letztlichen Umsetzung nur Staatsbürgern zustehen. Die meisten Ausländer, die in der Eidgenossenschaft stehen, wären ausgeschlossen.

Das liegt nicht etwa daran, dass die Initiatoren ausländerfeindlich im Sinne der rechtspopulistischen SVP wären. Aber sie wissen, dass sie niemals eine Chance auf eine Wählermehrheit hätten, wenn der Geldsegen auch allen Zuwanderern zustehen würde. Das würde die Kosten in die Höhe treiben und dazu führen, dass Milliarden an Steuergeldern an Fremde fließen, die dann umso mehr in die Schweiz strömen.

Auf Schweizer Staatsbürger beschränkt

Auch so wird der utopische Plan wahrscheinlich keine Mehrheit finden. Aber eine Eingrenzung auf Einheimische ist Voraussetzung dafür, dass er überhaupt als sozioökonomisches Modell für die Zukunft der Arbeit ernst genommen werden kann.

Und ganz allgemein kann ein Grundeinkommen, wenn überhaupt, nur funktionieren, wenn der Empfängerkreis sich nicht durch die Einführung der Maßnahme erweitert, indem sie eine große Zahl von Migranten anzieht. Wer dafür eintritt, muss entweder die Grenzen dichtmachen – oder aber nimmt eine Zweiklassengesellschaft in Kauf, in der die Altbevölkerung jene Arbeiten nicht mehr annehmen muss, die dann wahrscheinlich von Zuwanderern erledigt wird. In den ölreichen Staaten am Golf wurde dieses Modell bereits zum Teil verwirklicht.

Problemfall Mindestsicherung

Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das auch Zuwanderern zusteht, hat noch weitere negative Folgen. Das lässt sich an der Mindestsicherung in Österreich sehen, die dem Schweizer Modell gar nicht so unähnlich ist. Der Großteil der Empfänger sind Aufstocker mit schlecht bezahlten Jobs. Für sie stellt die Hilfe eine sinnvolle Ergänzung zum Arbeitseinkommen da, eine Art negative Einkommenssteuer, wie sie ja auch in den USA existiert.

Die meisten Flüchtlinge allerdings wandern gleich nach Anerkennung ihres Asylstatus in die Mindestsicherung, ohne je einen bezahlten Job getan zu haben. Sie verzichten dadurch auf die wichtigste Integrationsmaßnahme, die eine Gesellschaft bieten kann: die Teilhabe am Arbeitsmarkt. Die theoretische Pflicht, Arbeit zu suchen, besteht für Mindestsicherungsbezieher ohne Qualifikationen in der Realität nur auf dem Papier.

Ressentiments gegen Flüchtlinge

Außerdem trägt die Mindestsicherung für Asylberechtigte viel zu jenen Ressentiments bei, die das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zuwanderern erschweren. Hätte Österreich 2010, noch vor Beginn des Arabischen Frühlings, die Mindestsicherung nicht eingeführt, wäre die Ablehnung von Flüchtlingen vor allem in der Landbevölkerung heute wohl geringer und die FPÖ weniger stark. Dann könnte Österreich offener für Zuwanderung sein.

Natürlich würden auch diese Menschen auch ohne Mindestsicherung nicht leicht Arbeit finden. Aber der Druck, Jobs zu suchen und auch für Gemeinden und Betriebe, sie zur Verfügung zu stellen, wäre deutlich größer.

Die ÖVP hat Recht, die SPÖ auch

Für eine bessere Integrationspolitik sollte die Mindestsicherung für große Familien, die fast immer Migrationshintergrund haben, gedeckelt werden, wie es die ÖVP verlangt – und der Arbeitsmarkt für Flüchtlinge rascher geöffnet werden, wie es die SPÖ fordert.

Die derzeitige österreichische Praxis ist eine Art bedingungsloses Grundeinkommen, das die Ausländerfeindlichkeit schürt und die Integration behindert. Nach dem erwartbaren Nein der Schweizer sollte auch Österreich seine Politik überdenken. (Eric Frey, 4.6.2016)