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Nuruddin Farah wird immer wieder als möglicher Literaturnobelpreisträger gehandelt.


Foto: EPA

Salzburg – Wegen des nach wie vor vorherrschenden eurozentristischen Weltbilds weiß man hierzulande wenig über die Literatur des Schwarzen Kontinents. Am Montag soll sich das ändern, wenn einer der bekanntesten afrikanischen Gegenwartsliteraten im Salzburger Literaturhaus gastiert.

Nuruddin Farah wurde 1945 im Süden Somalias geboren. Was den Umgang mit Sprache angeht, ist er familiär vorbelastet: Der Vater ist Dolmetscher, die Mutter setzt als Erzählerin eine alte Familientradition fort. Bereits im Alter von vier Jahren geht Nuruddin in die Schule, bald lernt er den Koran auswendig. Er wächst mit fünf Sprachen auf: Somali, Amharisch, Arabisch, Italienisch und Englisch. Als Briefschreiber für weniger Gebildete verdient er sein erstes Geld, 1965 veröffentlicht er in einer somalischen Zeitung die Kurzgeschichte Why Dead So Soon? Danach studiert er und wird mit 24 Schriftsteller.

Migration, Exil, Terror

Ein bevorzugtes Thema ist (gezwungenermaßen) auch das seines Lebens: Migration und Exil. Denn in seiner Heimat konnte Farah nur selten leben. Entweder es wüteten Kriege, oder die Herrschenden verfolgten den Gesellschaftskritiker, der gegen Beschneidung und für Gleichberechtigung eintritt. Auch zum Tode wurde er in Abwesenheit bereits verurteilt. Dabei schreibt er gegen die Ausbeutung Afrikas an – egal ob sich (Neo-)Kolonialisten oder einheimische Clans und Warlords bereichern. Seit einiger Zeit lebt Farah in Kapstadt (Südafrika).

Am Montag präsentiert er seinen neuen Roman Jenes andere Leben (Suhrkamp, 2016). Darin erzählt der Nobelpreiskandidat das Schicksal einer Familie in Zeiten des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs. Protagonisten sind die Fotografin Bella, halb Italienerin, halb Somalierin, eine Weltreisende mit Wohnsitz Rom, sowie ihr Halbbruder Aar, der als alleinerziehender Vater in Nairobi lebt. Er arbeitet für die Uno und pendelt zwischen Kenia und Somalia.

Als Aar bei einem islamistischen Terroranschlag in Mogadischu getötet wird, fährt Bella nach Nairobi, um sich um des Bruders Nachwuchs zu kümmern. In der Folge kommt es zu einem Machtkampf mit der leiblichen Mutter der Kinder. Terror, Verlust und sinnlosen Tod kennt der Autor aus eigenem Erleben: 2014 kam eine Schwester Farahs bei einem Bombenanschlag ums Leben. Lesung auf Deutsch und Englisch sowie Gespräch. (Gerhard Dorfi, 4.6.2016)