Ein kleiner, aber sehr heller Gedanke tauchte plötzlich im Kopf eines sehr dummen Menschen auf." So beginnt eine von Nedko Solakovs witzigen, aber bösartigen kleinen Bildgeschichten. Schmunzeln muss man bereits, wenn man das schwerfällige Männlein sieht (gewichtiges Gegenteil eines Strichmännchens), dem im tiefschwarzen Dunkel seines dumpfen Gehirns ein winziges Licht aufgeht.

"The Abstract Painting (with no frame)" erzählt von einem traurigen schwarzen Quadrat, das bemerkt, nicht einzigartig zu sein.
Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Vienna

Stumm, wie es der Gegenwartskunst gerne vorgeworfen wird, ist die Kunst Nedko Solakovs wirklich nicht. Im Gegenteil: Sie ist sogar ausgesprochen redselig. Man könnte sagen, sie sei Erzählkunst: Sie ist nicht Literatur, nicht Comic, nicht Stand-up-Comedy, nicht Kunstbetriebslästerei, nicht Dada, nicht Malerei und auch nicht Skulptur – aber von allem ein bisschen. Solakov schafft charmante Kunsthybride, die beim Betrachter weniger mit ihrer Erscheinung punkten, sondern mit Witz auftrumpfen.

Als kesse Flirterei könnte man bereits den mit sexuellen Anspielungen garnierten Prolog zur ersten Soloausstellung des Konzeptkünstlers in der Galerie Georg Kargl bezeichnen: Eigentlich, so steht dort, hätte der 1957 in Tscherwen Brjag in Bulgarien Geborene die Schau gerne "Geschichten mit langen Vorspielen, schnellen Höhepunkten und stillen Enden" nennen wollen, seine Toleranz für prätentiöse Titel sei aber inzwischen unerwartet gesunken. Daher also nur: "Geschichten".

Eine davon erzählt – rund um ein kleines blaues Gemälde an die Wand geschrieben – von einem Konzeptkünstler (Solakov?), der sich in einer reichen malerischen Oberfläche verläuft. Aber aus Angst, er könne die Textur der Farbe mit seinen konzeptuellen Schwingungen verderben, isoliert die Malerei ihn rasch in einer Blase, verordnet ihm Quarantäne.

Pointierte Ätzereien

Solakovs pointierte Ätzereien über oft abgehobene Kunst, deren aufgeblähte, hülsenhafte Sprache und die Aufgeregtheit des Betriebs finden freilich die Insider am witzigsten; andere erkennen die Schmähs vielleicht gar nicht. Nicht jeder Gag erreicht also sein Publikum. Und obendrein: Nicht jeder Witz ist tatsächlich lustig.

Bissig und besonders gut sind Solakovs Kommentare jedoch dann, wenn sie politisch werden. Mit solchen Bekenntnissen hatte seine Karriere ursprünglich auch Fahrt aufgenommen: Als 1990 die Arbeit Top Secret, in der er seine Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst (bis 1983) auf 179 Karteikärtchen bekannte, erstmals ausgestellt wurde, sorgte das für einen Eklat in seiner Heimat; 2007 auf der Documenta 12 hatte dieses Geständnis aber noch immer genug Sprengkraft, um Solakov international bekanntzumachen.

Die schönste Pointe der Schau hat The Old Object – ein verplombtes, mehrfach verschlossenes Objekt, Modell für ein Mausoleum. So eines hätte einst den Leichnam eines sozialistischen Führers beherbergen sollen; aber jetzt könne es doch letzte Ruhestätte für ein anderes totes Heiligtum sein, für "etwas wie unsere Demokratie"? (Anne Katrin Feßler, Album, 3.6.2016)