Florentina Holzinger und Vincent Riebeek im Wuk: "Kein Applaus für Scheiße."


Foto: Gina Tinta

Wien – Sie wird ununterbrochen und mit manischer Emsigkeit gebaut, daher ist sie überall. Und sie stinkt bestialisch, aber nicht immer und für alle gleichermaßen wahrnehmbar. Oft wird ihr, wenn sie mit ihrem Gegenteil verwechselt wird, frenetischer Beifall gezollt. Florentina Holzinger und Vincent Riebeek wollen das nicht länger hinnehmen und fordern am Freitag und Samstag im Wuk: "Kein Applaus für Scheiße."

Was das österreichisch-niederländische Paar hier auf die Bühne legt, gilt manchen als Tanz vom Unfeinsten und Fernsehuntauglichsten. Trotzdem gehört Holzingers und Riebeeks offenherziges Debütstück von 2011 wohl zu den erfolgreichsten Werken junger Choreografie der vergangenen Jahre.

Erstens, weil es so verdammt cool ist, zweitens, weil Dinge bei mehreren ihrer Namen genannt werden. Drittens tritt das Kritische als sexy, aber doch mit gewissen Schärfen auf. Und schließlich wird der Körper als Behältnis gewisser Flüssigkeiten vorgestellt, deren choreografischer Organisation in diesem Duett großzügig Zeit eingeräumt wird.

Deswegen wird dieses Stück bestaunt – aber auch dafür, dass Holzinger und Riebeek ihre Hintern nicht dem Publikum, sondern den großen Stuhlmachern und ihren Claqueuren draußen in die Gesichter halten. Vergeblich natürlich, aber immerhin enthält Kein Applaus für Scheiße ein künstlerisches Draufgängertum, das im zeitgenössischen Tanz gerade eher selten ist.

Wer zu Kein Applaus für Scheiße will, kommt diesmal an Andrea Maurer nicht vorbei. In ihrer Installation still yet already geht es der aus Salzburg stammenden Wiener Künstlerin-Choreografin um jene Zeichenmenagerie der Sprache, ohne die bekanntlich gar nichts geht, weil alles Unbenannte so gut Verstecken spielen kann.

Was immer in unserer Kultur ausgeschieden und dann beklatscht wird, hat sowohl mit den Dynamiken der Sprache zu tun als auch mit deren Hintergrundrauschen. Diesen Sound, der das Universum der Worte durchdringt, macht Maurer in ihren Arbeiten visuell und akustisch erfahrbar. (Helmut Ploebst, 2.6.2016)