Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) während der Pressekonferenz am Donnerstag.

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Wien – Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat nach dem Koalitionsstreit vom Vortag am Donnerstag klargestellt, wie aus seiner Sicht die Asylzahlen für die geplante Obergrenze an Anträgen zu rechnen sind. Er geht von allen zum Verfahren zugelassenen Anträgen aus, das sind aktuell 18.950, womit nach den ersten fünf Monaten die Hälfte des für das Gesamtjahr festgelegten Werts von 37.500 erreicht ist.

Der Konflikt hatte sich an Aussagen von Kanzler Christian Kern (SPÖ) nach dem Ministerrat entzündet. Der Regierungschef hatte einerseits – offenbar versehentlich – statt von 37.500 Asylanträgen von Asylberechtigten gesprochen und andererseits unter Berufung auf Zahlen des Innenressorts von 11.000 Anträgen, während man bisher von 22.000 ausgegangen war.

Anträge aus dem Vorjahr

Die Unterscheidung rührt daher, dass heuer zwar (mit Stichtag 29. Mai) 22.300 Asylanträge eingetroffen sind, davon aber nur 12.261 zum Verfahren zugelassen wurden. Der Rest entfällt auf sogenannte Dublin-Fälle, wo ein anderer Staat zuständig wäre, sowie auf Fälle, in denen noch Altersfeststellungen vorgenommen werden oder die Asylwerber bereits in andere Länder überstellt werden könnten.

Dass Sobotka nicht von 12.261 für die Obergrenze relevanten Fällen ausgeht, rührt daher, dass es auch noch 6.689 Anträge aus dem Jahr 2015 gibt, die erst heuer zugelassen wurden. Somit kommt man auf die 18.950 Anträge. Der Innenminister sieht damit alle Unschärfen ausgeräumt. Er werde diese Zahlen auch im nächsten Ministerrat referieren.

Drängen auf Notverordnung

Sobotka drängt einmal mehr darauf, die Vorbereitungen für die Notverordnung voranzutreiben, mit der Asylanträge erheblich erschwert wird. Diese könne noch vor dem Sommer, spätestens im September dem Hauptausschuss des Nationalrats vorgelegt werden. Dass es die Verordnung braucht, steht für ihn außer Diskussion, solle sie doch dazu dienen, dass die Obergrenze gar nicht erst erreicht wird. Unternehme man nichts, würden schon im Herbst die 37.500 Anträge eingelangt sein.

Ohnehin ist auch die aktuelle Zahl mit Vorsicht zu genießen. Denn von den 6.200 Dublin-Fällen dürften etliche nach einem halben Jahr dann doch von Österreich behandelt werden müssen, da eine Überstellung in das theoretisch zuständige Land nicht möglich ist. Alleine für Ungarn, in das aktuell nicht abgeschoben wird, gäbe es knapp 4.400 Fingerabdruck-Treffer, die es als Staat der ersten Registrierung für das Verfahren zuständig machen würden.

Sobotka drängt daher darauf, auf EU-Ebene wieder Abschiebungen nach Griechenland und Ungarn zu ermöglichen. Dass dorthin nach europäischen Gerichtsurteilen und Beschlüssen nicht überstellt werden dürfe, sehr wohl aber in die Türkei, verstehe wohl niemand. Für Griechenland werden derzeit nicht einmal Dublin-Verfahren eröffnet. Dabei wäre das Land für gut 4.800 in Österreich relevante Fälle theoretisch zuständig.

Bundeskanzler akzeptiert Zahlen

Das Bundeskanzleramt vertraut den von Sobotka genannten Zahlen, wie man das auch schon am Dienstag nach dem Ministerrat bei den dort vorgelegten Daten getan habe. Angesichts des wackeligen Türkei-Abkommens und der im Sommer vermutlich höheren Zahl an Flüchtlingen gelte es nun, die Notverordnung gut vorzubereiten, hieß es aus dem Kanzleramt.

Auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), mit dem sich Sobotka bereits vor der Pressekonferenz verständigt hatte, zeigte sich mit der Vorlage des Zahlenwerks zufrieden. Er habe schon in den vergangenen Tagen klargemacht, dass es ihm bei der Berechnung um die in Österreich zugelassenen Asylanträge gehe. Zudem verlangt er weiterhin eine regelmäßige Veröffentlichung aller Zahlen, auch zu Abschiebungen. Hier gehe es um die Glaubwürdigkeit gegenüber der Bevölkerung, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministers. (APA, 2.6.2016)