Wegen der tiefen Rohstoffpreise wurden viele Investitionsprojekte auf Eis gelegt, was das künftige Angebot verringern wird – und das Preisniveau nach oben hieven sollte.

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Wien – Das beste Mittel gegen tiefe Preise sind bekanntlich tiefe Preise, da sie früher oder später Angebot aus dem Markt nehmen – da machen Rohstoffe keine Ausnahme. Nach langer Talfahrt hat der Sektor heuer ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben und seit den Turbulenzen zu Jahresbeginn deutlich zugelegt – und die meisten Aktienmärkte hinter sich gelassen. Rohstoffexperte Achim Wittmann von der Landesbank Baden-Württemberg sieht dahinter mehr als ein Strohfeuer: "Die Stimmung an den Rohstoffmärkten hat sich aufgehellt. Ich glaube, dass der jahrelange Bärenmarkt abgeschlossen ist."

Zwei Ursachen für die zuletzt gute Entwicklung der Rohstoffpreise ortet Wittmann in China. Einerseits hätten sich die großen Sorgen um die Konjunktur im Reich der Mitte nicht bewahrheitet. "Die Schreckensszenarios sind aus der Welt. Mit einem starken Einbruch der chinesischen Wirtschaft rechnet heute niemand mehr." Sofern das Wachstum die Sechs-Prozent-Marke nicht unterschreitet, erwartet Wittmann keine negativen Auswirkungen auf die Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten.

Chinesen wetten auf Rohstoffe

Zudem haben die spekulationsfreudigen Chinesen nach dem Kollaps ihrer Aktienmärkte im Vorjahr eine neue Spielweise entdeckt – nämlich Commodities, wie Rohstoffe auch genannt werden. Der durchschnittliche Umsatz der Handelsplätze im Reich der Mitte hat sich binnen zweier Monate von umgerechnet 80 Milliarden auf 260 Milliarden Dollar im April vervielfacht. "Die Investment-Nachfrage aus China hat die Preise zusätzlich nach oben getrieben", erklärt Wittmann.

"Der Aktienmarkt muss sich noch erholen, der Immobilienmarkt wird streng reguliert, und in der Realwirtschaft ist nicht viel zu holen", wird Huang Weiping, Vorsitzender des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften von der Pekinger Volksuniversität, vom Handelsblatt zitiert. "Wo soll das Geld dann hin?" Weitere starke Impulse aus dieser Ecke sind dennoch nicht zu erwarten. Die Pekinger Regierung hat nämlich Maßnahmen veranlasst, um die Spekulationswut ihrer Landsleute bei Rohstoffen etwas einzudämmen.

Langfristig gute Aussichten

Nach der jüngsten Korrektur aller Edelmetalle – ausgelöst durch einen starken Dollar und neu aufgekochte Diskussionen über eine baldige US-Zinserhöhung – wirft Commodity-Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank die Frage auf, wie nachhaltig der Aufschwung von Gold, Silber oder Platin noch sei. Die Antwort schießt er unter Verweis auf geringes Wachstum, negative Anleihenrenditen und mögliche Inflationsanstiege umgehend nach: "Wir betrachten den aktuellen Rücksetzer als gesunde Korrektur innerhalb des bestehenden Aufwärtstrends."

Vorerst erwartet Hansens Kollege Wittmann für den Sektor nur eine schwache Aufwärtstendenz, da noch Investitionsprojekte aus der Hochpreisphase nach mehrjähriger Umsetzung auf den Markt kommen und das Angebot an Rohstoffen hochhalten. In zwei bis drei Jahren sollte die Situation umschlagen, denn mit dem Preisrutsch seien die Investitionen wieder stark zurückgefahren worden. "Das muss sich auf lange Sicht niederschlagen", folgert Wittmann. "Wenn man einen langfristigen Horizont hat, sind wir auf einem Niveau, auf dem die Chancen die Risiken übersteigen." (Alexander Hahn, 2.6.2016)