Während uns die FPÖ zeigt, wie schwierig der würdevolle Umgang mit einer knappen Niederlage ist, müssen andere gleich mit einer Serie von Debakeln leben. So hat die Kronen Zeitung binnen weniger Wochen nicht nur einen wichtigen, nebenbei als Bundeskanzler tätigen Mitarbeiter verloren, sondern auch die Wahl zum Bundespräsidenten. Dabei hat sie gerade bei Letzterer besonders hart gekämpft. Die von praktisch allen anderen Zeitungen groß auf der Titelseite gebrachte Meldung, dass Irmgard Griss Van der Bellen wählt, wurde von ihr als 5,5 Zentimeter langer und 4 Zentimeter breiter Einspalter auf Seite 7 versteckt, und die Nachricht von der Unterstützung des grünen Professors durch den zu Recht hoch angesehenen und in der Krone-Kernzielgruppe 70+ geradezu ikonisch verehrten Hugo Portisch sogar gänzlich verschwiegen.

Alles vergeblich. Angesichts der krachend gescheiterten Kampagne muss man Chefredakteur Klaus Herrmann zu seinem subtilen Humor gratulieren, wenn er schreibt, dass "wirklich unabhängige Beobachter der Krone rund um die Präsidentenwahl außerordentliche Ausgewogenheit attestieren". Das ist so, als würde sich Doris Bures für ihre jahrelange Förderung der politischen Karriere Christian Kerns feiern lassen wollen.

Und tatsächlich saß Bures beim Thema Kern mit der Krone nicht nur im gleichen Boot, sondern auch unlängst in einem italienischen Innenstadt-Restaurant, wo sie sich mit Josef Ostermayer, dem Krone-Redakteur Claus Pándi sowie dem gemeinsamen Sprecher der beiden Herren, Werner Faymann, darüber beriet, wie sie für Faymann dessen offiziellen Job als Regierungschef noch einmal mit gemeinsamer Anstrengung retten könnten. Doch bevor noch klassische Krone-Storys à la "So viele Tiere wurden in der Ära Kern von ÖBB-Zügen überfahren" ausgeheckt werden konnten, war es schon zu spät und der neue Kanzler nicht mehr zu verhindern. Ein Mann, dem möglicherweise Regieren wichtiger ist als Inserieren, was für heimische Boulevardmedien die gleichen Auswirkungen hätte wie eine Absage der Operettenfestspiele Mörbisch für die Nachtmahlgewohnheiten der Neusiedler-See-Gelsen.

Kein Wunder, dass die betroffenen Zeitungen ziemlich unverhohlen mit Liebesentzug drohen. Doch was hat Kern zu befürchten? Die Frage, was schreibt Wolfgang Fellners Österreich, wenn es keine Regierungsinserate mehr bekommt, stellt sich vermutlich nicht, da es diese Zeitung ohne die Inserate gar nicht mehr geben würde, was einigen für Kreditvergaben verantwortlichen Mitarbeitern bei Bank Austria und Raiffeisen ein Problem bereiten, den Steuerzahlern jedoch viel ersparen würde.

Ebenso sollte man die Wirkungsmacht der Kronen Zeitung nicht überschätzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf ihre Kooperation mit Servus TV verwiesen. Dieser Sender zahlt eine Menge Geld dafür, dass täglich eine Seite der Krone exklusiv für ihn und das TV-Magazin Servus Krone wirbt – mit dem Ergebnis, dass besagte Sendung an manchen Tagen die rekordverdächtige Einschaltquote von null Prozent eingefahren hat. Es wäre also nichts völlig Neues, wenn man eine selbsternannte "Stimme des Volkes" in Zukunft öfters in ein Sackerl reden lässt. (Florian Scheuba, 1.6.2016)