Judith Denkmayr (38) gründete 2010 die Social-Media-Agentur Digital Affairs, die sie 2014 in Vice CEE einbrachte.

STANDARD: Wo sehen Sie das größte Potential für 360-Grad-Videos? Werbung, Marketing, TV?

Denkmayr: Die 360-Grad-Videos haben durchaus in allen drei Bereichen gute Möglichkeiten, wobei ich TV allgemein gegen nonfiktionale/journalistische Inhalte tauschen würde: allen voran Dokus im Naturbereich. Eine Ergänzung dazu: die Erotikindustrie wird bzw. ist auf dem Bereich schon ziemlich aktiv, das könnte noch mal zu einem ordentlichen Entwicklungsschub auf dem Sektor führen.

Hier vielleicht interessant: www.vrsexkit.com, dahinter steckt eine österreichische Firma, die gleich zu Beginn einen Developer Deal hatten mit Oculus Rift.

Sport: ein 360-Grad-Video von einer Drohne aufgenommen auf einem Spielfeld (zum Beispiel von einem Fußballspiel) könnte inhaltlich sehr interessant sein. Nike Football: auch dramaturgisch durchdacht (rumschwenken im Locker room)

Nike Football lädt in die türkische Umkleidekabine.
Nike Türkiye

News: Vice News zeigt in einem 360-Grad-Video Soldaten der 82. Luftlandedivision in der Vorbereitung auf eine Mission.

360-Grad-Video von Vice News.

Animationen – da lässt sich dramaturgisch sicher am besten arbeiten, weil ja alles gestaltbar ist. Zum neuen Starwars Film gab es ja schon einen spanndes oder auch der "Game of Thrones" Season 6 VR-Vorspann (Für jene, die nicht sowieso jedes Mal gelangtweilt sind ob der länge des Vorspanns.

"Game of Thrones" mit VR-Vorspann.
Youg Dmfsobtube

STANDARD: Wo sehen Sie gegenwärtige Stärken/Schwächen?

Denkmayr: Die Marketer sprechen hier ja immer von "Immersive Videos" und in einem Marketingmix kann auch das "Eintauchen" in ein 360°-Video eine große Rolle spielen; zum Beispiel bei Luxury Brands. Da können Informationen unterhaltender transportiert, und je nach Dramaturgie und Umsetzung, auch Emotionen geweckt werden.

Dieses Concept Car Video zeigt schon mal, in welche Richtung es gehen könnte:

Concept Car im virtuellen Raum.
Faraday Future

Engagement als Key Perfomance Indicator (KPI) für Marketer: der spannende Part am 360°-Video ist oft nicht die Story, sondern eben das Ändern des Blickwinkels durch die Maus oder den Winkel des Smartphones. Dazu muss der User aktiv werden, beginnt in den Videos zu interagieren – das sind Interaktionen, die im Kopf des Users eine Verbindung mit der Marke/dem Produkt/dem Thema aufbauen. Und diese Interaktionen können gemessen werden, und die Daten bekommt der Marketer/Filmemacher und kann damit auswerten: wie wird der Film aufgenommen, was funktioniert, was fasziniert, was eher nicht?

Die derzeitigen Schwächen sind, neben der aufwändigen Produktion dieser Videos, dass wir noch nicht so recht wissen, was wir mit dem neuen Spielzeug anfangen sollen – also, über die Befriedigung des Spieltriebs hinaus. Es ist eine "Because we can"-Phase. Es fehlen noch inhaltlich wirklich spannende Geschichten und Umsetzungen, die speziell mit diesem Format funktionieren. Aber ich zweifle nicht daran, dass das kommen wird. (Doris Priesching, 4.6.2016)

Judith Denkmayrs Anspieltipps für VR-Einsteiger:

"National Geographic, die haben halt die perfekten Inhalte dafür: Schwimmen mit den Bären":

"Victoria Falls in 360 Grad":

"Das schönste: GoPro/Surfen."

Rasante Fahrt mit "Star Wars":

Nachrichten vom kalifornischen Großbrand in 360 Grad lieferte Buzzfeed auf Facebook.

Die "Mythbusters" erkunden ein Schiffswrack, umkreist von Haien:

Discovery

Flugerlebnis: Patrouillenflug im Schweizer Jet im 360-Grad-Cockpit.

Blick

Sport: Überall nur fitte Menschen mit dem Basketballspieler Le Bron James.

Storytelling: Mit Kelly und Loki im Mercedes Benz.

Mercedes-Benz USA