Namibia – Werden wir denn nun heute Windhuk erreichen? 60 Kilometer trennten uns nur noch. Auf schwerer, sandiger Pad erreichten wir das Polizeilager Seeeis, wo wir kurzen Frühstücksaufenthalt machten. Die auf einer Kuppe liegende, einem kleinen Fort ähnliche Station war unseren Blicken noch nicht entschwunden, als wir wiederum rechts hinten eine Gummipanne erlitten.

Foto: Andreas Stockinger

Das Zitat entstammt dem Bericht des Offiziers und Abenteurers Paul Graetz (Buchtitel: Im Auto quer durch Afrika), der den Kontinent 1907 bis 1909 von Deutsch-Ost- bis Deutsch-Südwestafrika mit einem nach eigenen Plänen modifizierten Automobil der "Süddeutschen Automobil-Fabrik Gaggenau" durchquerte und nach viel Mühsal und Pannen am 1. Mai sein Ziel Swakopmund erreichte.

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Damit springen wir 107 Jahre in die Zukunft. Wir befinden uns auf Toyota-Hilux-Testfahrt, achte Generation, das Land heißt heute Namibia. Anders als Graetz gelang es uns nicht, ins Zentrum der Hauptstadt Windhuk vorzudringen, ähnlich wie er erlitten wir eine Gummipanne, nahe dem gemeinsamen Zielort Swakopmund.

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Das "profane" Umfeld: Die Hilux-Kennenlerntour führte von der Naankuse Lodge bei Windhuk über Namibgrens quer durch die Wüste rüber gen Walfischbai nach Swakopmund; Halbkreis nach unten im Uhrzeigersinn; Sternfahrt unterm Kreuz des Südens.

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Beim Hilux handelt es sich um einen Pritschenwagen, neudeutsch: Pickup. Die Gattung ist in anderen Weltregionen – im südlichen Afrika etwa – extrem beliebt und kriegt in Österreich seit kurzem Auftrieb durch drei Faktoren. 1.) VW lancierte mit dem Amarok seinen ersten Beitrag. 2.) Der SUV-Boom beflügelt den Pickup – der sich seinerseits, speziell bei der immer Pkw-artiger möblierten und ausgestatteten Doppelkabine, dem SUV nähert. 3.) Der Pickup wird langsam zum Lifestylemobil.

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Mit ca. 3700 verkauften Pickups rechnet man heuer in Österreich, etwa 1,5 Prozent aller Neuzulassungen. Knapp 20 Prozent davon rechnet sich Toyota mit dem Hilux aus, Rang 2 hinter dem Amarok. Es folgen: Mitsubishi L200, Ford Ranger und Nissan Navara.

Der Hilux ist eine der beständigsten und ältesten Toyota-Baureihen. Sie existiert genau so lange wie die 68er-Bewegung, seit 48 Jahren, und verkaufte sich bisher 18 Millionen Mal. In Österreich, wo es den Hilux seit 1982 gibt, fand er bisher 13.500 Kunden.

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Das neue, optisch muskulöser, bulliger, markiger gestylte Modell ist weiterhin als Einzelkabine, Xtra Cab und Doppelkabine erhältlich, letztere marginalsiert mit 93 Prozent die anderen zwei. Mit 5,33 m Länge toppt man noch die Langversionen von Luxuslimos à la S-Klasse, 7er, A8, Vorsicht also beim Parken! Die Preise bewegen sich mit 30.890 und 40.450 Euro doch deutlich unter S-Klasse & Co.

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Motorisierung ist ein neuer 2,4-Liter-Diesel mit 150 PS und 400 Nm, er ersetzt die mit 145 und 170 PS. Mehr Auswahl beim Getriebe: 6-Gang-Schaltung, 6-Gang-Automatik. Es bleibt bei der Leiterrahmenkonstruktion, angetrieben (und blattgefedert) wird am Heck, Allrad ist zuschaltbar per Drehwahlschalter – inklusive Untersetzungsfunktion (4lo) und Differenzialsperre; alles Voraussetzungen für grundsolides Geländekönnen.

Gebaut wird der Europa-Hilux in Südafrika, damit sind wir zurück am Ort der Handlung, Namibia. Kleiner Racheakt übrigens, denn im Herbst zelebrierte VW in Botswana eine Amarok-Tour, um zu demonstrieren, dass man dort vermehrt mit dem Pickup Fuß fassen wolle – Majestätsbeleidigung, das hier ist Toyota-Land, und nun schlägt das Imperium zurück, im weiland deutschen Namibia.

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Da der Mensch nicht nur ein rationales, sondern auch emotionales Wesen ist, wirkt die Aura, der Zauber des Ortes. Gondwanaland! Geologisch befinden wir uns hier auf einer der ältesten, über zwei Milliarden Jahre alten Erdkruste. Dort wuchs vor 550 Millionen Jahren der Koloss Gondwanaland zusammen und driftete später wieder auseinander – die heutigen Kinder heißen Afrika, Südamerika, Australien, Indien, Antarktis.

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Der Vorwärtsgang der Technik ist auch "Rückgang in den Grund", Hegels berühmte Formel greift auch hier, denn siehe da: Als wir uns in "Düne 7" befinden, schon nahe Swakopmund, ein Outdoor- und Quad-Paradies – die Minusgrade der ersten Übernachtung im Naankuse-Zelt (Antarktis! Gondwanaland!) hat uns der Hilux auf hunderten Fahrtkilometern längst aus den Knochen geschüttelt, hier herrschen 37 Krügerl im Schatten -, durchkreuzt unsere andächtige Wüsten-Gelände-Exkursion ein Infernalikum: Ein Toyota-Testfahrer fetzt die gigantischen Dünen rauf und runter, dass es nur so staubt. Und zwar mit jener Gerätschaft, mit der Toyota zur Rallye Dakar in: Südamerika! antreten wird. Das Soundpaket gibt es für den Hilux leider nicht zu ordern.

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Ruhig und gleichmäßig arbeitete der Motor, er zog brillant durch die Schneewehen gleichenden weißen Sandhügel. Damit stoßen wir wieder auf Graetz und Deutsch-Südwestafrika. Ruhig und gleichmäßig verrichtet auch Toyotas Diesel sein Werk, und mag sein, mit 150 PS ist der Hilux sparsamer als bisher: Übermotorisiert ist er nicht. In dieser Sandwüste zogen wir uns dann auch jenen Platten ("Gummipanne") zu, von dem wir bis dato nicht wissen, wie und wo. Den familiären Indien-Bezug (Gondwanaland!) lieferte noch rasch Ingrid Lawrence, Sprecherin vom Importeur Toyota Frey, nur zu Australien fand sich nix. (Andreas Stockinger, 28.5.2016)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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