Zürich – Selbst nur wenige Millimeter groß, ejakulieren sie rund sechs Zentimeter lange Spermien: Dieses verblüffende Größenverhältnis findet sich bei Männchen der Fruchtfliege Drosophila bifurca. Zürcher Forscher haben nun eine Erklärung für die Riesenspermien gefunden: Die riesigen Spermien bringen bei der Befruchtung der Eier einen Wettbewerbsvorteil.

Rekordejakulat

Meistens sind Spermien im Tierreich deutlich kleiner als Eizellen. So können mehr Spermien produziert werden, was den Fortpflanzungserfolg steigert. Paaren sich Weibchen mit mehreren Männchen, entsteht ein Konkurrenzkampf der Spermien unterschiedlicher Herkunft im weiblichen Sexualtrakt. Da erhöht es die Erfolgschancen, eine große Zahl an Spermien ins Rennen zu schicken.

Umso erstaunlicher sind die Ausnahmen, bei denen Männchen bestimmter Tierarten nur wenige, dafür aber riesige Spermien produzieren. Unter diesen sei Drosophila bifurca Rekordhalter, sagt Stefan Lüpold von der Uni Zürich. Die Spermien übertreffen die Länge des Männchens um das zwanzigfache und würden daher in kleine Knäuel "aufgerollt".

Wieder einmal verdrängen die Großen die Kleinen

Solche Fälle wie der der Fruchtfliege passen mit dem gängigen Verständnis der sexuellen Selektion nicht zusammen. Denn je weniger Spermien um die Befruchtung der Eizellen wetteifern, desto geringer der Erfolgsdruck und damit die Auslese. Das internationale Team um Lüpold hat mit seiner Arbeit nun erklärt, warum es dennoch einen Selektionsdruck für größere Spermien bei den Fruchtfliegenmännchen gibt.

Demnach wirkt die Selektion besonders stark auf die Spermienlänge. Dies ist der Fall, weil bestimmte Eigenschaften und Abläufe der Spermienaufnahme, sowie ihre Speicherung und Nutzung die längeren Keimzellen bevorzugen. Die zunehmende Länge hat jedoch den Nachteil, dass die Männchen dadurch insgesamt weniger Spermien produzieren können. Weibchen müssen sich also häufiger paaren, um die Befruchtung ihrer Eizellen zu garantieren.

Kommen so wiederum Spermien unterschiedlicher Männchen im weiblichen Sexualtrakt zusammen, haben die längeren Spermien den Vorteil, die kürzeren verdrängen zu können. "Die sexuelle Selektion begünstigt also längere Spermien", so Lüpold.

Mehr ist trotzdem besser als weniger

Trotzdem gilt auch hier das übliche Gesetz, dass eine größere Anzahl besser ist als eine geringe. Größere Männchen sind damit im Vorteil, denn sie können mehr Riesenspermien produzieren als kleine Artgenossen. Letztere haben nach wenigen Paarungen ihren Vorrat aufgebraucht.

Das Verständnis der sexuellen Selektion müsse erweitert werden, schrieb die Uni Zürich. Spermien unterlägen letztlich ähnlichen Prozessen wie andere männliche Geschlechtsmerkmale im Tierreich – etwa Hörner, um Konkurrenten abzuschrecken, oder ein buntes Federkleid, um Weibchen zu beeindrucken. (APA, red, 29. 5. 2016)