Nikosia/Athen – Der türkische Präsident hat seinem zypriotischen Kollegen Nikos Anastasiades mit einem Eklat ungewollt eine innenpolitische Verschnaufpause verschafft. Alle Parteien im zersplitterten neugewählten zypriotischen Parlament in Nikosia haben Anastasiades’ Entscheidung von Anfang der Woche unterstützt, vorzeitig vom UN-Gipfel in Istanbul abzureisen und eine für Dienstag geplante Verhandlungssitzung mit Mustafa Akinci, dem Führer der türkischen Zyprer, abzusagen.

Der türkische Staatschef Tayyip Erdogan hatte am vergangenen Montag offenbar in letzter Minute kundtun lassen, dass Akinci am Abendessen der Staats- und Regierungschefs beim UN-Gipfel für humanitäre Hilfe in Istanbul teilnehmen wird. Dies war allseits als Versuch verstanden worden, die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern aufzuwerten. Die Nachricht wurde Anastasiades kurz vor Beginn des Essens vom UN-Sonderbeauftragten für Zypern Espen Barth Eide überbracht. Ungeklärt ist, weshalb die Uno und Generalsekretär Ban Ki-moon diesen Verstoß gegen die diplomatischen Usancen akzeptiert haben.

Neue Mehrheit gesucht

Auch im neuen Parlament hat Anastasiades’ konservative Partei Disy keine eigene Mehrheit. Bisher stützte die liberal-nationale Diko meist die Spar- und Reformgesetze während des mittlerweile beendeten Kredithilfeprogramms. Doch auch zusammen mit den Liberalen reicht es nun nicht mehr für die Mehrheit im 56 Sitze zählenden Parlament. Erstmals gelang auch den Faschisten der Partei Elam der Einzug mit zwei Abgeordneten. Die seit einem Jahr laufenden intensiven Verhandlungen über ein Ende der Teilung auf Zypern sind von den unklaren Mehrheitsverhältnissen im Par lament in Nikosia zunächst aber nicht berührt. (mab, 26.5.2016)