Foto: APA / Robert Jaeger
Foto: APA / Robert Jaeger

Pro
von Rainer Schüller

Menschen können sich oft gut verstellen. Wir sind von Wölfen im Schafspelz umgeben, nach außen zuckersüß, aber innen drin ganz anders. Wandelnde Punschkrapferln aus Fleisch und Blut geben vor, etwas zu sein, was sie nicht sind. Schicke Anzüge funktionieren wie Potemkin'sche Dörfer aus teurem Stoff. Die Fassade soll uns etwas vorgaukeln, die Verpackung täuscht uns. Wer weiß schon, was uns Mr. Hyde verheimlicht? Lügendandy!

Anders verhält es sich mit Fantrikots. Sie sind immer wahr. Sie liefern die pure Authentizität, auch olfaktorisch. Man weiß sofort, mit wem man es zu tun hat. Das spart Zeit und Kosten. Ein Beispiel: Man begegnet auf dem Gang einem Mitarbeiter mit Austria-Wien-Trikot. Mit diesem müsste man sehr langsam in einfachen Worten reden, was zeitintensiv ist. Wer im Stress ist, kann den intellektuellen Smalltalk mit der Kollegin im Rapid-Dress vorziehen.

Während der Euro sollten überhaupt alle Mitarbeiter Österreich-Trikots tragen müssen, mit Rückennummern. Das ist der neue Stil, der uns zum Europameister macht.

Kontra
von Christoph Prantner

In Zeiten, in denen viele ihre Gesinnung unübersehbar vor sich hertragen wollen, mag eine entsprechende Trikotage durchaus angemessen erscheinen. Der Normalzustand eines – olé, olé! – einigermaßen feinsinnigen Menschen aber kann nur gepflegte Unschlüssigkeit sein: Vienna oder Sportklub? Hegel oder Nietzsche? Chantal oder Uschi? Meeting oder Mittagessen? Veltliner oder Schwechater Hopfenperle? Das alles sind Fragen, die sich nicht ohne weiteres eindeutig und ein für alle Mal beantworten lassen.

Einmal so, einmal anders – das ist die einzig mögliche Zugangsweise. Anders gesagt: Man muss die Dinge – besonders im Büro – von Fall zu Fall entscheiden. Damit kommen der Einzelne und auch die größere Organisation gut durch den Tag.

Es gibt nur eine Ausnahme: Print oder Online? Das ist die einzige Frage, auf die es eine Bürotrikot-Antwort gibt: Standard United. Ein Fußballleiberl dieses Aufdrucks hängt an prominenter Stelle in einem schlichten Büro dieser Redaktion. Wieso es akkurat die Nummer 69 trägt, ist ein kleines, schmutziges Geheimnis des STANDARD. (RONDO, 27.5.2016)