Leverkusen / St. Louis – Zuerst gab es Gerüchte, dann wurde eine Bestätigung nachgeschoben, zu Wochenbeginn hat Bayer nun die Katze aus dem Sack gelassen: Der Chemie- und Pharmakonzern mit Sitz in Leverkusen will 122 Dollar pro Monsanto-Aktie bezahlen und den US-Saatgutriesen Monsanto um insgesamt 62 Milliarden Dollar, das sind umgerechnet 55 Milliarden Euro, übernehmen. Kommt der Deal in trockene Tücher, wäre es die größte Übernahme eines deutschen Unternehmens überhaupt.

"Bayer will durch die Übernahme von Monsanto ein weltweit führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft werden", hieß es in der am Montag herausgegebenen Mitteilung. Zur Finanzierung setzt Bayer auch auf eine Kapitalerhöhung. Die Offerte entsprechen einem Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie vor zwei Wochen. Vorigen Freitag hatten die Aktien bei 101,52 Dollar geschlossen.

Nicht gut angeschrieben

Die Bayer-Aktie stand zum Wochenschluss unter starkem Abgabedruck. Am Montag ging es mit dem Kurswert weiter bergab. Monsanto ist nicht irgendein Konzern, sondern insbesondere in Europa alles andere als gut angeschrieben.

Der in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri beheimatete Konzern ist Weltmarktführer bei genverändertem Saatgut (GVO) und Erfinder des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat. Monsantos GVO-Produkte können kein Saatgut fürs nächste Jahr erzeugen. Dieser geschlossene Kreislauf hat Kritikern zufolge Millionen Bauern in Entwicklungsländern in die Armut getrieben. Auch eine beispiellose Selbstmordserie von Bauern in Indien wird in Verbindung mit Saatgut gebracht, das Jahr für Jahr neu gekauft werden muss.

Wer den Namen des Gentechnikriesen in eine Suchmaschine tippt, stößt schnell auf Begriffe wie Frankenfood, in denen die Angst vieler Verbraucher insbesondere in Europa vor der Gentechnik zum Ausdruck kommt. Weltweit lösen die Geschäfte des Konzerns Unbehagen und Ablehnung aus. Für die Organisation Food & Water Watch ist Monsanto "Synonym für die Macht der Großkonzerne über unsere Lebensmittel".

Giftigste Substanzen

Bis vor knapp 20 Jahren war der Name Monsanto mit Chemie verbunden – und mit den giftigsten Substanzen, die je erfunden worden sind. Gegründet hat das Unternehmen 1901 John Francis Queeny, Sohn von irischen Einwanderern. Monsanto war der Mädchenname seiner Frau. Queeny produzierte zunächst Saccharin. Der Süßstoff war bis dahin aus Deutschland in die USA importiert worden. Zu den Bestsellern früherer Tage zählten aber auch das inzwischen verbotene Insektizid DDT, das Vogel- und Fischsterben auslöste, sowie das berüchtigte Entlaubungsmittel Agent Orange, das auch im Vietnamkrieg Verwendung fand.

Das "Wall Street Journal" schrieb unter Berufung auf Zahlen der Bank Morgan Stanley, gemeinsam würden Bayer und Monsanto gut ein Viertel (28 Prozent) der weltweit verkauften Pflanzenschutzmittel absetzen. Für die Zusammenarbeit spricht, dass Monsanto vor allem in den USA aktiv ist, Bayer dagegen vor allem in Europa und Asien. Die Aufsicht muss der Fusion noch zustimmen. (Reuters, Günther Strobl, 23.5.2016)