Wien – Ob neuer oder alter Regierungschef: In der Wirtschaft haben viele genug von der Entwicklung des Landes. Von einem verlorenen Jahrzehnt spricht gar Martin Hagleitner, Chef von Austria Email. Der aus einer steirischen Eisenbahngesellschaft hervorgegangene Betrieb hat sich ganz auf die Produktion von Warmwasserbereitern, Speichern und Pumpen konzentriert. Kein Wunder, dass Hagleitner kein gutes Haar an der Politik lässt: Die Halbierung des Sanierungsschecks hat die Erneuerung von Boilern nicht gerade beflügelt. Dabei gehörten fossile Kessel allein schon aus Klimaschutzgründen ausgetauscht, meint Hagleitner im Gespräch mit dem STANDARD.

Derzeit liege die Sanierungsquote bei nur einem Prozent. Drei Prozent wären aus Klimasicht notwendig. Und: In Italien liege die Rate mit vier Prozent noch höher. Neben höheren Förderungen wünscht sich Hagleitner eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Sanierungen. Das hätte infolge geringeren Pfuschs und höherer Beschäftigung kaum negative Budgeteffekte und sei letztlich "effizienter als die Registrierkasse". Beklagt werden zudem Lippenbekenntnisse beim Thema leistbares Wohnen. Hagleitner schlägt vor, dass Mietausgaben von der Lohnsteuer abgesetzt werden können. Diese Entlastung würde über den Konsum wieder in den Wirtschaftskreislauf fließen und Investitionen auslösen, ist er überzeugt.

Sozialpartner als "Stagnationskartell"

Dass seine Vorschläge ebenso wenig gehört wurden wie die unzähligen Expertenforderungen, dafür macht er nicht nur die Regierung verantwortlich. Die Sozialpartnerschaft, die sich in der Nachkriegszeit bewährt habe, sei zu einem Stagnationskartell verkommen. Die Folgen: "Steigende Bürokratie und Belastungen." Die Wirtschaftskammer nimmt Hagleitner dabei nicht aus.

Bei Austria Email mit gut 300 Mitarbeitern und Sitz in Knittelfeld, seit dem Vorjahr mehrheitlich im Besitz der französischen Group Atlantic, verspürt der Firmenchef wegen Überkapazitäten ein hartes Umfeld. Dennoch konnte der Umsatz 2015 um zwei Prozent gesteigert werden. (as, 22.5.2016)