Aufgrund der Lage Klosterneuburgs ergäbe es keinen Sinn, dorthin die Bezirkshauptmannschaft des Bezirks Tulln zu legen. Die Nähe zu Wien befeuert andere Ideen – aber ohne mächtige Fürsprecher.

Foto: Stadtgemeinde Klosterneuburg/Zibuschka

Klosterneuburg/Wien – Wäre Klosterneuburg der 24. Bezirk Wiens, hätten seine Bewohner wohl das Recht auf 365-Euro-Jahreskarten und die Versorgung im Wiener Spitalsnetz. Dass die Babenbergerstadt sich in die Bundeshauptstadt eingliedert, hat aber eine "sehr unwahrscheinliche Realisierungschance". So steht es im Vorbericht einer Machbarkeitsstudie zu Entwicklungsoptionen der Stadt – die auch einen "Verlust der Eigenständigkeit" und eine "Vermögensübertragung zugunsten der Stadt Wien" sähe.

Klosterneuburg hatte die Studie um rund 50.000 Euro beim Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) in Auftrag gegeben, da der Bezirk Wien-Umgebung mit Jahreswechsel aufgelöst wird. Die 26.000-Einwohner-Stadt soll dann den Plänen des Landes gemäß zum Bezirk Tulln gehören.

Drei mögliche Optionen

Der Zwischenbericht liegt dem STANDARD vor – am 25. Mai soll er fertig sein, wenn die Stellungnahmen aller in einer Lenkungsgruppe vertretenen Fraktionen eingearbeitet sind. Drei Zukunftsszenarien wurden geprüft: die Wien-Variante, Klosterneuburg als Statutarstadt und eine Eingliederung in den Bezirk Tulln.

Als Statutarstadt, wie es zum Beispiel Wiener Neustadt ist, könnte die Stadt eigene Standards bei den Bezirksverwaltungsservices (etwa bei den Öffnungszeiten) festlegen und wäre von Entscheidungen des Landes über Leistungen der Bezirkshauptmannschaft (BH) unabhängig. Zugleich hätte man die Bezirksagenden über – wobei es Statutarstädte gibt, denen nur ein Teil davon obliegt. BH-Agenden wären unter anderem: amtsärztliche Begutachtungen, Bewilligung von Pflegeeltern, naturschutzrechtliche Verfahren, Passwesen, Feuerwerksbewilligungen, Platzverbote, Mindestsicherung und vieles mehr.

Drei Millionen im Jahr

Laut vorläufigem Bericht würde diese Variante die Stadt jährlich netto drei Millionen Euro kosten. Allein bis zu 45 zusätzliche Vollzeitstellen werden mit rund 3,8 Millionen Euro beziffert, hinzu kämen politische Mehrkosten sowie Kosten der Neuorganisation. Statutarstädte erhalten im Finanzausgleich mehr Geld, das wären laut KDZ rund 1,3 Millionen Euro – der Bonus könnte aber fallen.

Land gegen eigenes Statut

Das Land steht dem Statutarstadtrang ablehnend gegenüber. "Das wäre identitätsstiftend", meint hingegen Stefan Mann von den Stadt-SP, die mit den Schwarzen koaliert. Auch die FPÖ kann der Option etwas abgewinnen, sieht aber "aufgrund der Mehrkosten" keinen dringenden Bedarf dafür. Peter Hofbauer (Liste Hofbauer), der an der Objektivität der KDZ-Studie Zweifel äußert, sähe einen Imagegewinn, wenn Klosterneuburg zu Wien käme: "Nobelbezirk von Wien ist besser als Vorort von Tulln", sagt er – und erinnert daran, dass zu alldem noch die Bürger befragt werden sollen.

"Stärkung der Gemeinde"

Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP) favorisiert die Eingliederung in den Bezirk Tulln – "mit ausreichender Außenstelle für Bezirksagenden". Für diese fordern die Grünen eine Standortgarantie vom Land. Die Variante brächte laut Studie eine "Stärkung der Stadtgemeinde als regionales Bezirkszentrum", aber "keinen Einfluss auf Art und Umfang der Bezirksagenden vor Ort".

Klares Muss für Schmuckenschlager ist ein eigenes Autokennzeichen. "Das ist der Stachel im Fleisch", sagt er. "Wir können tausende Artikel im Supermarkt kennzeichnen, da können wir die Klosterneuburger nicht einfach zu Tullnern machen." (Gudrun Springer, 19.5.2016)