Klement Tockner, neuer FWF-Präsident.

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Wien – Dienstag war offenbar ein Tag für Neueinsteiger: Nachdem mit Christian Kern ein Mann Bundeskanzler wurde, der davor nur wenig mit der österreichischen Tagespolitik zu tun hatte, wählte der Aufsichtsrat des Wissenschaftsfonds FWF (steht für "Fonds zur Forderung der wissenschaftlichen Forschung") einen Forscher an die Spitze der Förderagentur, der zuvor kaum Berührungspunkte mit der heimischen Wissenschaftspolitik hatte: Klement Tockner (53), Steirer, war zuletzt Direktor des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Er konnte mit seinem Konzept, in dem er unter anderem für mehr Exzellenz, für eine Förderung der "besten Köpfe" eintritt, das Gremium überzeugen, die Idealbesetzung für diesen Job zu sein.

Für Beobachter war das keinesfalls überraschend, denn Tockner war schon nach dem letzten Wahlgang, als sein Name gemeinsam mit jenem von Gabriele Anderst-Kotsis von der Kepler-Uni Linz und vom Juristen Walter Berka von der Universität Salzburg auf einem Dreiervorschlag der FWF-Delegiertenversammlung gesetzt wurde, als Favorit gehandelt worden. "Er scheint von Leitungsaufgaben eine Ahnung zu haben", sagten Insider in Hinblick auf seine Arbeit in Berlin. Tockner ist dort auch Professor für Aquatische Ökologie an der Freien Universität Berlin.

Der Wissenschafter will nun, wie er in einer ersten Reaktion gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) betonte, den Wert der Grundlagenforschung noch stärker in der österreichischen Gesellschaft verankern, als das bisher geschah. Durch Synergien mit anderen Förderorganisationen soll es mehr Ressourcen geben.

Tockner wurde für vier Jahre gewählt, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Gleiches gilt auch für die wissenschaftlichen Vizepräsidenten, die Molekularbiologin Ellen L. Zechner von der Universität Graz, den Physiker Gregor Weihs von der Universität Innsbruck sowie die Linguistin Gerlinde Mautner von der Wirtschaftsuniversität.

Tockner tritt im Gegensatz zu seinen Vorgängern einen Fulltime-Job an – spätestens am 1. September – und steht nach einheitlicher Meinung von Experten vor großen Herausforderungen: Die Förderagentur gilt schon seit längerer Zeit als unterfinanziert. Im vergangenen Jahr konnte sie Bewilligungen in der Höhe von 205 Millionen Euro aussprechen. Damit wurde eine zuletzt rückläufige Entwicklung fortgesetzt. Derzeit müsse man zu vielen hochqualifizierten Projekten die Finanzierung verwehren, heißt es.

Schlechte Quoten

Die Bewilligungsquote ohne Doktoratskollegs und das FWF-Exzellenzprogramm Spezialforschungsbereiche (SFB) liegt derzeit nur mehr bei 20,3 Prozent. Wissenschafter warnen vor einem weiteren Rückgang, dann würde die Bewilligung eines Projekts beim FWF einem Lotteriespiel gleichen, und Wissenschafter würden nach der Logik, mit mehr Einreichungen mehr Chancen zu haben, ihre Anträge möglicherweise nicht mehr so sorgfältig wie bisher gestalten.

Zur finanziell schwierigen Situation kommt Kritik aus der Community: Die Beschränkung auf zwei Projekte pro Antragsteller ab April dieses Jahres wurde mit genauso wenig Freude aufgenommen wie die Reduktion des Jugendförderprogramms Start auf fünf Projekte.

Wissenschafter kritisierten zudem Überschneidungen zwischen Wittgenstein-Preis und Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats ERC. Dem gegenüber steht allerdings eine aktuell abgeschlossene Evaluierung des Start- und Wittgenstein-Programms, die, wie bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz des FWF verlautet, dem Programm ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. Hier werde tatsächlich Blue Sky Research, ausreichend finanzierte, von Neugierde getriebene Wissenschaft möglich gemacht. Mehr könne man davon nicht erwarten. (Peter Illetschko, 17.5.2016)