Frankfurt am Main – Der Preis, den Bauern für einen Liter Frischmilch von den Molkereien erhalten, ist einem Zeitungsbericht zufolge erstmals unter 20 Cent gefallen. Dies sei ein Preisverfall binnen weniger Wochen um weitere 30 Prozent, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Vertreter mehrerer Molkereien.

Preisverhandlungen zwischen Molkereien und Landwirten hätten in manchen Regionen Auszahlungspreise von 19 oder 18 Cent ergeben. Die Berglandmilch (Schärdinger, Tirol Milch) zahlt Bauern in Österreich netto derzeit 27 Cent. Anfang Mai wurde der Preis um einen Cent gesenkt, zu Jahresbeginn waren es noch 31 Cent. Bei der NÖM bekommen Bauern 26 Cent pro Liter.

Ein ähnliches Preis-Gemetzel wie in Deutschland dürfte heimischen Bauern erspart bleiben, sagt Andreas Geisler von der Arge Heumilch zum STANDARD . "Die Produzenten haben es gemeinsam mit dem Handel geschafft, Konsumenten von teureren, regionalen Produkten zu überzeugen."

Die kleinteilige Struktur der heimischen Betriebe sei da eher ein Vorteil. Sie würden auf höherwertige Produkte setzen, weil sie ihr Überleben gar nicht anders sichern könnten. In Deutschland gebe es gerade im Norden viele Großbetriebe, "die eher Industrieprodukte herstellen", sagt Geisler. Für Bio- oder Heumilch zahlen Molkereien deutlich mehr, es ist aber auch die Herstellung teurer.

In Deutschland sieht die Sache wesentlich dramatischer aus: Da die Bauern mit großen Verlusten produzieren, will die deutsche Bundesregierung ihnen unter die Arme greifen. Ende des Monats sollen die Details auf einem Milchgipfel besprochen werden, an dem Politiker, Molkereien, Bauernvertreter und Einzelhändler auf Einladung von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) teilnehmen.

Direkthilfen an Bauern

Das Blatt berichtete unter Berufung auf Schmidts Umfeld, es seien sofortige Hilfszahlungen von 60 bis gut 100 Millionen Euro im Gespräch. Sie sollten als Direkthilfen an die Milchbauern fließen, könnten aber an Kriterien gebunden sein, wie etwa die Modernität der Ställe hinsichtlich des Tierwohls.

"Wir werden den Bauern mit Steuererleichterungen und Liquiditätshilfen zur Seite stehen", sagte Schmidt der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Denkbar seien Bürgschaften, damit die Betriebe trotz Krise leichter Kredite bekommen können. Forderungen nach strengeren Regeln für den Milchmarkt erteilt Schmidt dagegen eine Absage: "Eine Rückkehr zur Milchquote wird es mit mir nicht geben."

Angebot größer als Nachfrage

Stattdessen legte Schmidt den Landwirten nahe, das Segment zu wechseln: "Ein Ansatz ist auch der Ökolandbau, der beispielsweise weniger vom Preiskampf betroffen ist."

In Deutschland und in ganz Europa wird mehr Milch produziert als nachgefragt. Das drückt die Preise auf ein Niveau, das viele Produzenten als ruinös bezeichnen. Gründe für den Verfall sind das Auslaufen der Milchquote in der EU vor gut einem Jahr, das Embargo Russlands und eine schwächere Nachfrage aus China.

Zur Sprache kommen wird das Thema auch beim Agrarrat. "Die Marktlage ist nach wie vor sehr angespannt. Der Preisdruck im Milchsektor ist enorm", sagt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Besonders hart trifft es Milchbauern, die konventionelle Milch produzieren. Für Heumilch und Biomilch erhalten die Landwirte deutlich höhere Preise.

Freiwillig funktioniert schlecht

Für eine neuerliche Einführung der Milchquote ist Rupprechter nicht. Diskutiert wird aber über eine freiwillige Mengensteuerung. Diese freiwillige Marktstabilisierung habe aber noch nicht gegriffen, so Rupprechter. Hier seien die Verarbeitungsbetriebe gefordert.

Gemeinsam mit betroffenen Nachbarländern wie Slowenien, Ungarn, der Slowakei und Tschechien will Österreich heute beim Agrarrat die durch den Schneefall verursachten Frostschäden thematisieren. Da mehrere Länder von massiven Schäden betroffen seien, habe dies eine europäische Dimension, sagte Rupprechter. "Wir hoffen, dass die Kommission uns hier entgegenkommt."

Schätzungen gehen von einem verursachten Schaden von rund 300 Millionen Euro für die österreichischen Landwirte aus. Besonders betroffen sind Bauern in der Steiermark. In Österreich gibt es bereits die Zusage, Mittel aus dem Katastrophenfonds bereitzustellen. (APA/red, 17.5.2016)