Seit ich mich erinnern kann, ging mein Großvater am Stock. Nicht zu Hause in der Wohnung; die wenigen Schritte machte sein lädiertes Bein noch mit. Sobald er aber auf die Straße trat, stützte er seine rechte Seite auf den tiefbraunen Holzstock, an dessen Front er kleine metallene Embleme, Souvenirs von Ausflügen, angebracht hatte.

Mein Großvater war erst 33 Jahre alt, als der Stock zu seinem Begleiter wurde. Dass er an einem Junitag des Jahres 1966 nur einen Teil seiner Beweglichkeit verlor und nicht sein Leben, verdankte er einer glücklichen Fügung und der aufopfernden Hilfe Dutzender Freiwilliger. Denn Roman Spring wurde nach einem Brückeneinsturz bei lebendigem Leib einbetoniert.

Die Täler werden erschlossen

Es war die Zeit, als die Republik in großem Stil in die Straßeninfrastruktur investierte. Das hochrangige Verkehrsnetz spreizte sich von den Ebenen aus immer tiefer in die Alpentäler. In den 1960er-Jahren wurde der Bau der wichtigsten Autobahnabschnitte am Brenner, am Pyhrn, im Inntal und in den Tauern beschlossen oder bereits umgesetzt. Die Zahl der Autobahnkilometer in Österreich versechsfachte sich zwischen 1954 und 1971 von 317 auf 1.874.

Zur selben Zeit sollte auch die Bundesstraße 115 in Oberösterreich für den zunehmenden Kraftverkehr gerüstet werden. Sie schlängelt sich der Enns entlang und folgt so jenem Weg, der schon in vorgeschichtlicher Zeit als wichtige Transitstrecke durch die Nordalpen diente. Als Eisenstraße wurde die Route bekannt, nachdem im Mittelalter am steirischen Erzberg mit dem großzügigen Abbau von Eisenerz und der Veredelung zu Eisen begonnen worden war. Flößer brachten den Werkstoff in gefährlicher Überfahrt auf der Enns bis nach Steyr und darüber hinaus.

Von 1956 bis 1971 wurde um 65 Millionen Schilling (nach heutigem Wert rund 20 Millionen Euro) ein Dutzend Brücken entlang der Eisenstraße errichtet, um die quer zur Enns führenden Taleinschnitte zu überspannen. Eine davon war der Talübergang Gaflenz, eine 130 Meter lange Stahlbetonbogenbrücke über den Gaflenzbach bei Weyer, kurz bevor dieser in die Enns mündet.

Die sanften Hügel des Alpenvorlands werden hier bereits schroffer und steiler und lassen die Dimensionen des hochalpinen Geländes weiter im Süden erahnen. Die Brücke, nach einem ehemaligen Flößerstützpunkt namens "Kasten an der Enns" auch Kastenreith-Brücke genannt, sollte das Tal in 45 Metern Höhe überwinden. Wer durch das Ennstal wollte, musste die Höhendifferenz zuvor auf einer serpentinenartigen Schotterstraße bewältigen, die regelmäßig von den Hochwassern der Enns überflutet wurde.

Mitte 1965 begannen Beamte der Landesbaudirektion mit den Vermessungsarbeiten. Eine Arbeitsgemeinschaft bestehend aus dem Linzer Bauunternehmen Hamberger und der Grazer Spezialbaugesellschaft Beyer sollte den Talübergang bis zum Sommer des folgenden Jahres fertiggestellt haben.

Die Katastrophe von Kastenreith

Bis 8. Juni 1966 verlief alles nach Plan. Der stützende Bogen stand robust, und die Pfeiler trugen die bereits weitgehend fertigbetonierte Fahrbahnplatte. An diesem Mittwoch, dem Tag vor Fronleichnam, sollte der Bau vollendet werden. Es war ein warmer Tag, der eine Hitzewelle in Österreich einleitete, und rund zwanzig Männer auf der Baustelle bereiteten gegen Mittag den letzten Kübel mit flüssigem Beton vor. Nur mehr wenige Meter des Fahrbahnbelags fehlten, um das Brückenfeld mit dem nördlichen Widerlager, der Anschlussstelle am Ufer, zu verbinden.

Kurz nach 13 Uhr befanden sich 13 Arbeiter auf der eingerüsteten Konstruktion. Bauleiter Gottfried Steinwendtner stand auf der Brücke und wies den Führer des Kabelkrans an, die Laufkatze mit dem Betonkübel über dem eingeschalten Abschlussstück zu platzieren. Dutzende Male hatte er in den vergangenen Tagen mit demselben Kommando den frischen Beton auf das Brückenfeld gießen lassen. Diesmal aber gab es einen Knall, als das Gewicht des Kubikmeters Beton auf die Schalungsplatten traf.

Das Tragwerk begann zu beben und gab dann zwischen dem ersten Pfeiler und dem Widerlager abrupt nach. Das 18 Meter lange Teilstück stürzte mitsamt Gerüsten, Schalungshölzern, Bewehrungsstahl und Beton bis zu zwanzig Meter in die Tiefe. Mit ohrenbetäubendem Lärm rissen die siebzig Tonnen Baumaterial Felsstücke mit sich. Davon hoben sich nur die Schreie jener sieben Arbeiter ab, die sich nicht mehr auf das Steilufer oder den intakt gebliebenen Brückenabschnitt retten konnten.

Ein 18 Meter langer Teil des Talübergangs Gaflenz stürzte in die Tiefe.
Foto: Franz Josef Hartlauer (1944-2000)

Die unversehrten Arbeiter verständigten die Freiwillige Feuerwehr Weyer. Der Kommandant befahl, die Sirene zu aktivieren, doch Fritz Wesely glaubte zunächst an einen Probealarm. Der 27-Jährige Weyrer war mit einem Freund auf dem Motorrad zu einer Klettertour ins Gesäuse aufgebrochen – kurz bevor er den Unglücksort passierte und begriff, dass der Alarm allem anderen als einem Test diente.

Ihnen bot sich ein grausiges Bild. Es dauerte nicht lange, bis Wesely zwischen den Trümmern den Körper eines Arbeiters erkennen konnte, der beim Absturz auf einen vertikal verkeilten Betonstahlstab gefallen war. Die Stange mit einem Durchmesser von 30 Millimetern hatte sich durch Friedrik Fras' Brustkorb gebohrt. Der 37-jährige Gastarbeiter aus Jugoslawien war in dieser Position seinen Verletzungen erlegen.

In dem Chaos war das Schicksal der sechs anderen abgestürzten Männer nicht sofort ersichtlich. Erst nach und nach bekamen die eintreffenden Retter einen Überblick. Weyrer Feuerwehrleute, Gemeindearzt Dr. Wawra, Gendarmen und Freiwillige eilten herbei, später auch Mitglieder der Wehren Großraming, Reichraming, Losenstein, Trattenbach und der Stadtfeuerwehr Steyr sowie Ärzte und Rotkreuzretter aus der Region. Über hundert Menschen waren vor Ort, woraufhin die Unglücksstelle am Fuß des Brückenbogens abgesperrt wurde.

Der Stahlbetonbogen der Brücke blieb glücklicherweise intakt.
Foto: Franz Josef Hartlauer (1944-2000)

Bald wurde klar, dass vier der sechs Vermissten durch Sprünge auf den oberen Teil der Böschung oder auf Bäume vermeiden konnten, von dem Material verschüttet und erschlagen zu werden. Klement Enzic (40) aus Deutschlandsberg erlitt dabei eine Querschnittslähmung, Franz Pichler (55) aus Weyer zog sich schwere Brustkorbverletzungen zu, und die beiden Jugoslawen Franz Murkovic (54) und Mathias Kosar (30) überlebten mit Rippenbrüchen und schweren inneren Verletzungen.

Das Wunder von Kastenreith

Über hundert Menschen wollten nach dem Unglück helfen.
Foto: Franz Josef Hartlauer (1944-2000)

Eineinhalb Stunden nach dem Einsturz mussten die Retter davon ausgehen, dass Roman Spring und Lorenz Toplak, die beiden verbliebenen Arbeiter, unter dem Schutt zerquetscht worden waren. "Schreit da nicht einer?", fragte plötzlich jemand. "Da drinnen im Beton schreit doch einer!", erinnert sich Fritz Wesely fünfzig Jahre später an die Worte, die alle aufhorchen ließen.

Tatsächlich drangen dumpfe Hilfeschreie aus den Trümmern, und dort, wo sie herkamen, ragte eine rechte Hand an die Oberfläche. Spring war einen Meter tief im Schutt auf dem Rücken zu liegen gekommen und überlebte nur, weil ein Schalungsbrett knapp über seinem Kopf und Oberkörper gelandet war. Ein schmaler Schlitz bewahrte ihn vor dem Erstickungstod, und er bekam mühsam Luft, doch seine Beine und ein Teil des Rumpfes waren von siebzig Grad heißem Beton ummantelt. Über ihm hatte sich weiteres Material verkeilt, das den nachkommenden Beton ableitete. Neben seinem Kopf und neben seinen Schultern ragten Stahlstreben aus den grauen Klumpen. "Auf das ist ja überhaupt keiner gekommen, dass da drinnen einer leben kann", sagt Wesely heute.

Spring lebendig zu retten, schien nahezu aussichtslos. Die Betonmasse härtete unter der kräftigen Junisonne rasch aus und behinderte seine Durchblutung. Die Ärzte konnten über mögliche innere Verletzungen nur spekulieren. Nachdem der gröbste Schutt weggeräumt und die schweren Stahlarmierungen mit Schneidbrennern durchtrennt worden waren, kam schräg unter Springs Hand ein Knie zum Vorschein. Wawra zwängte sich durch die Trümmer und injizierte ein Stimulans. Keine Reaktion. Es war nicht Springs Knie, sondern das des letzten Vermissten. Der 31-jährige Lorenz Toplak war unmittelbar unter Spring zu liegen gekommen und vollständig begraben. Der tragische Tod des jugoslawischen Gastarbeiters bedeutete für Spring das Leben.

Nur eine Person hatte auf der schwer zugänglichen Böschung vor dem Eingeschlossenen Platz, um seinen Körper freizulegen. Anfangs versuchten die Retter, den zähen Brei mit einem scharfen Wasserstrahl abzuschwemmen. Nachdem der Beton endgültig erstarrt war, griffen sie zu Spitzmeißeln und anderem kleinen Werkzeug, mit dem sie Millimeter für Millimeter wegstemmten.

Der Platz reichte kaum für einen Hammerschlag, und es herrschten unangenehme Temperaturen, geschürt von der Hydratationswärme, einer Reaktion des Zements mit Wasser. Unter der Aufsicht des Bezirksfeuerwehrkommandanten Karl Salcher wechselten sich mehrere Männer im Fünfminutentakt am Meißel ab, während auch Wawra und seine Kollegen Sepp Koschat und Werner Kortschak im Schichtbetrieb Springs Zustand überwachten. Immer wieder verabreichten ihm die Ärzte Schmerzhemmer.

Der Weyrer Gemeindearzt Dr. Wawra, Feuerwehrleute und andere Freiwillige bei den Bergungs- und Rettungsarbeiten.
Foto: Franz Josef Hartlauer (1944-2000)

In Springs zehn Kilometer entferntem Heimatort Großraming schob seine 26-jährige Frau Hermine gerade den Kinderwagen mit der zwei Jahre alten Tochter Renate über die Ennsbrücke, als ein örtlicher Gendarm auf sie zukam. "Er hat nur gesagt, dass die Brücke eingestürzt ist und dass mein Mann verschüttet ist", erzählt sie heute. Hermine Spring hat nur verschwommene Erinnerungen an die Unglücksstelle. Sie erinnert sich, kurz dort und bald wieder zu Hause in Großraming bei ihrer Schwiegermutter und der fünfjährigen Heidelinde, dem älteren Kind des Ehepaares, gewesen zu sein. Die "Steyrer Zeitung" berichtete in ihrer folgenden Ausgabe hingegen recht ausführlich:

"Kurz vor 18 Uhr traf die Frau Springs, Mutter von zwei minderjährigen Kindern, an der Unglücksstelle ein. Man sagte ihr zunächst nicht die Wahrheit. Der Mann sei in eine Höhle eingeschlossen. Sie durfte auch nicht zur Bergungsstelle. Schließlich konnte sie die Ungewißheit nicht länger mehr ertragen und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Nach ärztlicher Behandlung wurde sie der Obhut ihrer Mutter übergeben."

Bauleiter Gottfried Steinwendtner, der in der Arbeitsgemeinschaft Beyer-Hamberger die Letztverantwortung über die Baustelle trug, wurde indes auf dem Weyrer Wachposten festgehalten. "Die Gendarmen wussten selber nicht, wie sie mit mir verfahren sollten", sagt der heute 85-Jährige Steyrer. Er wurde nach wenigen Stunden auf freien Fuß gesetzt.

Die kollabierten Gerüstteile auf der Böschung.
Foto: Franz Josef Hartlauer (1944-2000) :

Die Nachricht der Katastrophe drang bald bis Steyr. Aus der 45 Kilometer entfernten Bezirkshauptstadt eilte nach Feuerwehr und Rettung auch der 21-jährige Pressefotograf Franz Josef Hartlauer heran. "Meinen Vater hat dieser Unfall schwer geprägt. Er hat oft von den schrecklichen Bildern erzählt", sagt Robert Hartlauer, der Sohn und Nachfolger des 2000 verstorbenen Handelsunternehmers.

Am frühen Abend war Springs Gesicht freigelegt. Um sie aus der erstarrten Masse zu lösen, wurden seine Haare abgeschnitten. An ein Ende der Rettungsaktion war noch nicht zu denken, und um etwa 21 Uhr drohten alle bisherigen Bemühungen vergebens. Springs Blutdruck fiel plötzlich ab, und er begann nach Luft zu ringen. Kortschak spritzte ihm Strophanthin, ein heute kaum mehr eingesetztes Herzmedikament, und verlegte eine dauerhafte Blutplasma-Infusion, die ihn über die Krisis brachte. Ab 22.30 Uhr wurde er zeitweise über einen Schlauch mit Sauerstoff versorgt.

Roman Spring überlebte nur mit großem Glück.
Foto: Straßenmeisterei Weyer

Im Strahl starker Scheinwerfer dauerten die Rettungsarbeiten in der Nacht fort. "Mit zäher Leidenschaft wurde um das Leben des Arbeiters Roman Spring gekämpft", war später in der in Wien verlegten Zeitschrift "Mappe der Menschlichkeit" zu lesen. Die Freiwilligen wechselten sich weiterhin am Meißel ab, bis sie um zwei Uhr den Panzer um Springs Beine weggestemmt hatten. Obwohl er fast dauernd bei Bewusstsein war, sprach er kaum ein Wort.

Foto: Straßenmeisterei Weyer

Nach über fünfzehn Stunden war der Kampf um Springs Leben gewonnen. Um 4.43 Uhr konnte er aus der Mulde gehoben werden, die eine Woche vor seinem 34. Geburtstag fast zu seinem Grab geworden wäre. "Er bedankte sich bei seinen Rettern mit einem Händedruck und brach bewusstlos zusammen", stand am nächsten Tag in den "Oberösterreichischen Nachrichten".

Springs Verletzungen waren schwer, aber nicht lebensgefährlich. Im Landeskrankenhaus Steyr wurden Verbrennungen am ganzen Körper und zwei offene Brüche im rechten Bein diagnostiziert. "Ihm geht es von allen nach dem Unglück Eingelieferten am besten", sagte ein Spitalsarzt der "Steyrer Zeitung".

Roman Spring nach dem Brückeneinsturz im Steyrer Krankenhaus.
Foto: Privat

Die Leichen von Toplak und Fras wurden am Donnerstag mit Presslufthämmern aus dem Beton gemeißelt und für die Überstellung nach Jugoslawien vorbereitet. Während Erwin Wenzl, der Baureferent der oberösterreichischen Landesregierung, an der Unfallstelle den Helfern die Anerkennung des Landes aussprach, ließ das Kreisgericht Steyr die beschlagnahmten Gerüstteile abtransportieren.

Als das Land den Rettern wenige Monate nach dem Einsturz bei einer feierlichen Zeremonie Verdienstmedaillen verlieh, waren die Aufräumarbeiten bereits erledigt und der Talübergang Gaflenzbach fertiggestellt. Die Bauunternehmen Hamberger und Beyer sind heute längst Geschichte.

Die fertiggestellte Brücke im Jahr 1971.
Foto: Amt der oberösterreichischen Landesregierung/Gangl/Seidl

Bauleiter Steinwendtner wurde noch im Jahr 1966 der Prozess gemacht. Die Anklage lautete unter anderem auf fahrlässige Tötung in zwei Fällen. Das Verfahren zog sich nach mehrfacher Vertagung über zwei Jahre hin, ehe der Beschuldigte freigesprochen wurde. Der Richter ließ mehrere Gutachten einholen, unter anderem eines der Technischen Universität Wien. Sie kamen laut Steinwendtner zu dem Ergebnis, dass die Ursache für das Unglück in einer schlecht verschweißten Verbindung zweier Gerüstteile lag. Der laute Knall kurz vor dem Einsturz kam demnach vom Bruch der Schweißnaht unter der Last, der zu einer Kettenreaktion und dem Desaster führte. Wenn nur der äußerste Pfeiler den Erschütterungen nicht standgehalten hätte, schätzt Steinwendtner, wäre auch der Bogen und also die ganze Brücke eingebrochen. Er selbst, der sich mit mehreren Arbeitern auf den unbeschädigten Brückenteil retten konnte, hätte wohl nicht überlebt.

Laut Steinwendtner waren die schadhaften Gerüstteile fertigverschweißt von einer deutschen Firma zugeliefert worden. Verifizieren lassen sich die Aussagen leider nicht. Das Landesgericht Steyr wies einen Antrag des STANDARD auf Einsicht in den Gerichtsakt ab, das Oberlandesgericht Linz bestätigte den Negativbescheid in zweiter und letzter Instanz. Die Richter konnten kein berechtigtes öffentliches Interesse erkennen.

Der Fortschritt im Zeitalter der Technik

Die ältere Generation im Ennstal erinnert sich heute noch an die Katastrophe, aber aus dem kollektiven Gedächtnis Österreichs ist sie längst verschwunden. Während die Zeitungen an den Tagen und Wochen danach auf ihren Titelseiten über den Brückeneinsturz berichteten, hat er nie den Weg ins Internet gefunden.

Ausschnitt der Titelseite der "Arbeiter-Zeitung" vom 9. Juni 1966.
Quelle: arbeiter-zeitung.at

Schon fünf Jahre nach dem Vorfall erwähnte ihn die Landesbaudirektion in dem Heft "Straßen – Brücken – Kraftwerksbauten im Ennstal", einer "Festschrift anlässlich der Einweihung des Flößerdenkmales in Kastenreith", mit keinem Wort mehr. Dabei soll das Denkmal laut Inschrift nicht nur an die "vielen tapferen Männer, die bei der Flösserei ihr Leben gaben", erinnern, sondern auch an die beim Brückenbau tödlich Verunglückten Friedrik Fras und Lorenz Toplak. Ihr Tod wird in der Festschrift nicht thematisiert. Bei allem berechtigten Lob an der Errichtung von Brücken – die uns nicht nur physisch, sondern auch gedanklich verbinden – stellen die Autoren die damaligen Bauleistungen recht undifferenziert dar:

Das Mahnmal mit der Erinnerung an die Todesopfer Lorenz Toplak und Friedrik Fras südlich der Brücke.
Foto: Michael Matzenberger
"Die Brücke wurde zu Bestandteilen der Straße, ein Straßenbaulos, das sich hervorragend in den Straßenzug einfügt und damit allen Wünschen und Anforderungen moderner Verkehrstechnik ebenso gerecht wird wie alle übrigen Straßenabschnitte. In dieser sachlichen Feststellung steckt das Resultat langjähriger intensiver Arbeit der Brückeningenieure, die leicht übersehen wird und daher einmal dankend und lobenswert unterstrichen werden soll."

Die Ausführungen enden in euphorischem Ton:

"Ein Ausbau, den heutigen straßenbaulichen Verhältnissen und Erfordernissen entsprechend, war nur möglich durch die ständige Entwicklung im Stahlbeton- und Spannbetonbrückenbau. Das Gebiet der Statik und Konstruktion hat hier Hervorragendes geleistet. Theorie und Praxis haben hier gemeinsam ein Maß an Höchstleistung vollbracht. Wenn vom Fortschritt im Zeitalter der Technik gesprochen wird, dann gerade hier."

Roman Spring hat diese Sätze nie gelesen. Nach dem Unfall wurde er im Krankenhaus Steyr und im steirischen Rehabilitationszentrum Felbring ein knappes Jahr lang gesundgepflegt. Die Verbrennungsnarben und das Gewebe- und Gelenktrauma, das ihn an den Gehstock band, blieben. Im Jänner 1970 zog Spring mit seiner Familie nach Steyr und trat eine Arbeitsstelle bei Mannlicher an, die er im Sitzen erledigen konnte.

Roman Spring vor dem Unfall zuhause im Ennstal.
Foto: Privat

Mit 81 Jahren ereilte ihn das Schicksal, das die Ärzte schon am Unfallort befürchtet hatten: Sein rechtes Bein musste amputiert werden. Wenige Monate später, im April 2014, starb Roman Spring in Steyr. Die Worte, die er am 9. Juni 1966 seinen Rettern sagte, kurz bevor er bewusstlos wurde, waren: "Männer, ich kann euch nicht genug danken."

Ich kann dazu nicht mehr sagen. Danke, dass ihr meinen Großvater gerettet habt. (Michael Matzenberger, 5.6.2016)