Kleine Bläschen mit hoch infektöser Flüssigkeit entstehen bei Herpes – Heilung gibt es bisher nicht.

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Wer ihn einmal hat, wird ihn nie wieder los. Die Rede ist von Herpes. Fast 90 Prozent tragen das Virus mit dem Namen Herpes simplex labialis in sich. Oft gelangt es schon im Kindesalter in den Körper, etwa bei Verletzungen. Meist wird es von den Eltern auf die Kinder übertragen. Dann schlummert es, zum Beispiel im Gesichtsnerv. Mehr als 50 Prozent aller Betroffenen bekommen die Auswirkungen auch regelmäßig zu spüren. Im Jahr 2011 hat eine Umfrage von marketagent.com ergeben, dass jeder zweite Österreicher zumindest alle paar Monate an einer Fieberblase leidet.

Bricht der Lippenherpes aus und das Virus sprengt sich durch die Zellen der Schleimhäute, kann das verschiedene Ursachen haben. Stress, ein geschwächtes Immunsystem durch einen grippalen Infekt, Fieber, starke UV-Strahlung, eine zahnärztliche Behandlung, Lebensmittelallergien, Hitze oder Kälte sowie hormonelle Veränderungen sind meist ausschlaggebend. Ein Spannungsgefühl in der Lippe ist das erste Anzeichen, es folgt ein Kribbeln, und wenige Stunden später entstehen Herpesbläschen, gefüllt mit einer stark infektiösen Flüssigkeit. Die Bläschen öffnen sich nach einigen Tagen, und die Fieberblase verkrustet. Bis zur Abheilung dauert es etwa zehn Tage, dann verschwinden die Viren wieder. Ob und wann sie wiederkommen, ist unklar.

Im Einzelfall tödliche Folgen

In den meisten Fällen, hat Lippenherpes für die Betroffenen keine gefährlichen Nebenwirkungen. Bei Menschen mit stark beeinträchtigtem Immunsystem kann es jedoch zu einer Ausbreitung oder sogar zu einer Hirnhaut- oder Lungenentzündung kommen. Wie gefährlich Herpesviren sein können, hat 2009 ein Fall in Großbritannien gezeigt. Damals steckte die Mutter einer elf Tage alten Tochter ihr Baby durch einen Kuss unwissentlich mit Herpes an, die Viren griffen die Organe des Mädchens an, es verstarb wenige Tage nach seiner Geburt.

Wesentlich zur Vorbeugung von Lippenherpes ist die Stärkung des Immunsystems. Dazu zählen ausreichend Schlaf, wenig Stress und eine gesunde Ernährung. In der Sonne sollten die Lippen vor UV-Strahlung geschützt werden. Um die Ansteckung einzudämmen, sollten Besteck oder Gläser nie gemeinsam benutzt werden, Handtücher und Zahnbürsten müssen nach einem überstandenen Ausbruch gewechselt werden. Auch Küssen oder Oralsex mit Lippenherpes sind nicht ratsam, bei Letzterem kann der Lippenherpes schnell in den Intimbereich übertragen werden.

Wer eine Fieberblase hat, sollte die Hände davon lassen und sie nur mit Wattestäbchen oder Taschentüchern trocken tupfen. Gelangt die infektiöse Flüssigkeit in die Augen, können Horn- und Bindehautentzündungen die Folge sein.

Wirksamkeit von Medikamenten nicht bestätigt

Behandelt wird Lippenherpes meist mit Salben. Darin enthalten ist bei den meisten Mitteln der Wirkstoff Aciclovir, der den Stoffwechsel der Zelle hemmen soll. Sowohl die Wirksamkeit von Aciclovir als auch die anderer Herpesmedikamente wurde bisher jedoch nicht nachgewiesen. "Viele dieser Salben beinhalten zudem Paraffine, die dafür bekannt sind, sich in Leber, Niere und Lymphknoten anzureichern", berichtete Ökotest im Jahr 2014.

2009 hat der Verein für Konsumenteninformation sieben rezeptfreie Mittel zur Bekämpfung von Lippenherpes getestet, darunter fünf Präparate mit dem antiviralen Wirkstoff Aciclovir. Das Ergebnis: "Diese können die Dauer einer Erkrankung mit Bläschen und Krusten im Vergleich zu wirkstofffreien Placebos aber nicht verkürzen und werden daher als wenig geeignet eingestuft. Nicht besser schneiden die beiden anderen getesteten Präparate ab, das Widmer Lipactin Gel, das auf einer Wirkstoffkombination aus Zinksulfat und Heparin basiert, sowie das pflanzliche Präparat Lomaherpan Fieberblasencreme." Das Ergebnis, zusammengefasst in einem Satz: Fieberblasen sind medikamentös nicht heilbar.

Neben Salben gibt es zur Behandlung von Lippenherpes auch transparente Pflaster, die direkt auf die Fieberblase geklebt werden und laut Hersteller bis zu zwölf Stunden haften bleiben. Zudem sollen sie Schmerzen und Schorfbildung vermindern und die Wunde "diskret verdecken", verspricht der Text auf der Verpackung. Außerdem wird das Übertragungsrisiko minimiert, weil die Fieberblase unter dem Pflaster "eingesperrt" ist. Laut der deutschen Stiftung Warentest ist auch der klinische Nutzen von Herpespflastern durch Studien bisher nicht belegt. "Die mittlere Zeit bis zum Abheilen unterschied sich zu Mitteln mit dem Wirkstoff Aciclovir nicht deutlich. Hautreaktionen gab es häufiger. 15 Patches kosten zirka neun Euro", so die Stiftung Warentest.

Selbstversuch Herpespflaster

Der Selbstversuch hat gezeigt: Die Pflaster decken die Fieberblase ab und verhindern, dass die Flüssigkeit aus den Bläschen überall verteilt wird. Sie "sperren" das Problem für einige Stunden weg, wenngleich ein Pflaster selten tatsächlich zwölf Stunden haften bleibt. Auch Schmerzen und Juckreiz werden durch das Pflaster vermindert, eine schnellere Heilung der Fieberblase ist jedoch nicht zu beobachten.

Zur ernährungsmedizinischen Unterstützung des Körpers bei Lippenherpes werden in Apotheken auch Präparate mit der Aminosäure L-Lysin verkauft. Laut Herstellerangaben wird dadurch die Virusreproduktion gehemmt. 15 Kautabletten kosten 15 Euro.

Daneben gibt es auch Hausmittel, die gegen Lippenherpes helfen sollen. Honig macht die Lippen geschmeidiger und gilt als entzündungshemmend, das Öl der Zitronenmelisse soll laut Heidelberger Forschern die Infektion einer Zellkultur mit Herpesviren um mehr als 97 Prozent verringern. Die amerikanische Zahnarzt-Vereinigung berichtete 2005, dass Aloe Vera den Heilprozess von Lippenherpes beschleunigt und die Schmerzen lindert. Und auch die Blaualge Spirulina platensis soll laut einer Studie deutscher Dermatologen vor Lippenherpes schützen – schon bevor er ausbricht. Zu den meisten Hausmitteln fehlen jedoch aussagekräftige Studien.

US-Forscher arbeiten derweil an der Heilung der Krankheit. Wissenschafter aus dem Bundesstaat North Carolina untersuchen Erbgutstückchen, die die Bildung von Eiweißen verhindern, die für das "Aufwachen" der Herpesviren nötig sind. Die Forscher arbeiten zudem an einem Medikament, das den Schlummerzustand aufheben soll, um danach die Viren abzutöten. (Bernadette Redl, 17.5.2016)