Mit dem Lift in den 27. Stock hinauf. Dann noch ein paar Stufen und hinaus auf die Dachterrasse. Hier, mit Blick auf Stadt und Wienerberg, rollt eine Frau gerade ihre Matte nach morgendlichen Yoga-Übungen am Rand des Pools zusammen.

So wie in den städtischen Bädern hat auch auf dem 77 Meter hohen Wohnturm Monte Verde die Badesaison begonnen. Bald wird es hier nicht mehr so beschaulich sein. Frühmorgens oder abends findet man jedoch meistens einen Platz am und im Wasser, sagt Surija Velji, der Concierge des Projekts.

23 Grad hat das Wasser auf dem Wohnturm Monte Verde.
Foto: Zoidl

Anspruch auf das kühle Nass haben lediglich die Bewohner der 182 Mietwohnungen. Immer wieder würden jedoch Fremde versuchen, sich aufs Dach zu stehlen, berichtet Velji. Die blieben dann meist im Stiegenhaus stecken. Denn nur Bewohner des Hauses verfügen über den passenden Schlüssel.

Freche Anrainer

Auch im Kabelwerk in Meidling ist man für den Sommer gerüstet: Das 30 mal 40 Meter große Becken auf dem Dach des "Poolhauses", das 213 möblierte Apartments im Angebot hat, ist seit Ende April in Betrieb. 2500 Menschen der umliegenden Kabelwerk-Wohnprojekte können hier mit Chipkarte das Gebäude betreten und durch eine Drehtür zum Pool gelangen. Auch hier wissen Bewohner aber von frechen Anrainern zu berichten, die öfters unerlaubterweise Abkühlung suchen.

Die etwa 2500 Bewohner des Kabelwerks können schon seit Ende April auf dem Dach des Poolhauses schwimmen. Noch ist es hier ruhig.
Foto: Zoidl

Im Sommer schaut hier ein Security-Mann nach dem Rechten, berichtet Manfred Wasner, Geschäftsführer der Kabelwerk Bauträger GmbH. Gröbere Probleme habe es aber noch nie gegeben. Für die Bewohner sei ein Pool identitätsstiftend. "Und die Wohnzufriedenheit ist so hoch wie sonst nur in Alt-Erlaa."

Sieben Pools und Hallenbäder

In besagtem Wohnpark Alt-Erlaa der Gesiba stehen den Bewohnern sieben Pools auf den Dächern der Wohntürme zur Verfügung – neben sieben ganzjährig geöffneten Hallenbädern. Seit einer Woche sind die Dach-Pools geöffnet. Über den Sommer werden sie laut Anton Herlt, Mitarbeiter der Hausverwaltung, auf 24 Grad aufgeheizt.

Seit kurzem sind alle sieben Pools des Wohnparks Alt-Erlaa geöffnet.
Foto: Zoidl

Überfüllt seien die Dachbäder des Wohnparks nie – auch wenn gut 10.000 Menschen hier leben: "Die Leute gehen in Badeschlapfen zum Abkühlen rauf, legen sich kurz in die Sonne und gehen wieder. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen." Anders also als in Freibädern, wo man sich aufgrund der Eintrittspreise genötigt fühle, so lange wie möglich zu bleiben.

Probleme habe es hier heroben mit Blick auf die Stadt nie gegeben: Um 22 Uhr endet in Alt-Erlaa die Badezeit. Dann kontrolliert der Sicherheitsdienst mit Haustechnikern, ob wirklich alles in Ordnung ist.

Nachbarn kennenlernen

"Ich kann mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, jemals wieder in einem Wohnprojekt ohne Schwimmbad zu wohnen", berichtet Katharina Steiner. Sie wohnt im "Bike and Swim", einem weiteren Gesiba-Projekt mit Pool auf dem Dach in der Leopoldstadt.

Einziges Manko: Die Schwimmsaison bei "Bike and Swim" startete erst vor einer Woche und endet an einem Fixtag im September – selbst wenn das Wetter dann noch hochsommerlich ist. "Da würde ich mir mehr Flexibilität wünschen", so Steiner.

Ein Pool auf dem Dach erfordert viel Rücksicht, sind sich die Bewohner solcher Projekte einig – etwa indem Rauchverbote und Öffnungszeiten von allen eingehalten werden. Das funktioniert nicht immer. Die positiven Aspekte überwiegen aber für viele: etwa, dass man auf dem Dach die Nachbarn einfacher als sonst in einer Großstadt kennenlernt und es besonders mit kleinen Kindern eine unkomplizierte – und leistbare – Alternative zu den überfüllten Bädern ist.

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Für die Kabelwerk-Bewohner liegen laut Manfred Wasner die laufenden Kosten für den Pool nämlich bei nur fünf bis sechs Cent pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat. Dass die Betriebskosten "minimal" ausfallen, bestätigt auch Fritz Klocker vom Monte-Verde-Bauträger Wien-Süd, wo man Pools mittlerweile bei allen Wohnprojekten ab 60 Wohneinheiten errichtet.

Der Strom komme bei vielen Projekten aus der Solaranlage, die Herstellungskosten würden zwei bis drei Prozent der Baukosten ausmachen. Ein weiterer Punkt sei der emotionale Faktor: "Die Leute wissen: Ich habe ein Schwimmbad auf dem Dach. Das wertet das Projekt immens auf", sagt Klocker. Diese Wohnungen würden daher viel schneller vermietet.

Nur in großen Anlagen

Was aber auffällt: Den Dach-Pool gibt es fast ausschließlich im geförderten Wohnbau. "Ein Pool funktioniert nur in sehr, sehr großen Anlagen", erklärt Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher der Wiener Wirtschaftskammer. Mit 20 oder 30 Wohnungen sei ein Pool über die Betriebskosten nicht darstellbar. "Und Private bauen keine so großen Anlagen."

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Die Zeit der Pools auf dem Dach ist für Ulreich überhaupt vorbei. Den Hauptgrund dafür sieht er weniger in den Errichtungs- als in den laufenden Kosten, etwa für Wartung, Betreuung – und auch in Haftungsfragen. Besonders bei Pools brauche es Menschen im Haus, die sich darum kümmern – die etwa den Pool absperren, das Becken reinigen und aufpassen. Wenn dafür extra jemand angestellt werden muss, wird es teuer. "Und eine Erfahrung, die ich sehr früh gemacht habe, ist: Bei Allgemeinflächen pfeift sich keiner etwas", so Ulreich.

Bautechnisch kein Problem

Bautechnisch sei ein Dach-Pool jedenfalls kein Problem: "Wenn man es vorher weiß, dann zieht man einen Träger mehr ein – da ist der Aufwand überschaubar", so Ulreich. Ein nachträglicher Einbau sei da komplizierter.

Im Rahmen von Dachgeschoßausbauten baut Ulreich immer wieder Jacuzzis auf Dächern ein – allerdings nicht für die Allgemeinheit, sondern für einzelne Wohnungsbesitzer. Denn ein schöner Ausblick lässt sich eben auch alleine genießen. (Franziska Zoidl, 22.5.2016)