Mithelfen in der Küche ist für Buben ein Schritt zu mehr Chancengleichheit für ihre Schwestern und künftige Partnerinnen – hoffen die Mütter.

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Typisch Mädchen, typisch Buben: Was Kinder tun und was sie lassen sollen, unterliegt oft starren Vorstellungen. Eine aktuelle qualitative Studie aus Norwegen beschreibt, wie pakistanisch-norwegische Mütter die Chancen ihrer Töchter auf dem Arbeitsmarkt verbessern wollen, indem sie ihren Söhnen über Erziehung ein neues Rollenverständnis vermitteln. Pakistanisch-norwegische Frauen haben auf dem norwegischen Arbeitsmarkt wenige Erfolgsaussichten.

Diese Frauen wollen in der Regel nicht, dass ihre Töchter in ihre Fußstapfen treten. Um den Mädchen mehr und bessere Chancen zu bieten, setzen sie bei der Erziehung ihrer Söhne an, heißt es in der Untersuchung. So sollen ihre Söhne auch im Haushalt mithelfen. Die Annahme: Veränderte Geschlechterrollen bewirken gesellschaftlichen Wandel – auch und gerade in der Migrationsgesellschaft.

Die Motive der Mütter

Die Mütter denken dabei offenbar langfristig: Wenn ihre Söhne erwachsen ist, so ihre Hoffnung, werden ihre zukünftigen Schwiegertöchter mehr Freiheiten genießen, als es eine Generation davor der Fall war. Die norwegische Sozialanthropologin und Studienautorin Ida Erstad: "Die Frauen versuchen, Söhne zu erziehen, die ihren zukünftigen Ehefrauen neue Möglichkeiten eröffnen. Sie möchten die Bedingungen für ihre Töchter und Schwiegertöchter verändern."

Neues Rollenverständnis

Erstad führte rund 30 qualitative Interviews mit norwegischen-pakistanischen Müttern. Sie sei erstaunt gewesen, wie sehr Genderfragen in der Erziehung für die Frauen im Vordergrund stehen. In den Gesprächen habe sich schnell gezeigt, dass sich viele Frauen fragen: Wie kann ich dazu beitragen, dass meine Töchter und Schwiegertöchter mehr Chancen in der Gesellschaft haben? Die Mütter seien überzeugt gewesen, dass dafür Erziehung hin zu einem neuen Rollenverständnis wichtig sei – auch bei den Söhnen.

"Praktisch heißt das, dass Buben und Mädchen ab dem Alter von zwei Jahren im Haushalt mithelfen, Dinge holen und aufräumen, ihre Müslischüssel zurücktragen und den Tisch abräumen", berichtet Erstad. Die befragten Mütter wollen, dass ihre Söhne verstehen, warum diese Unterstützung wichtig ist. Ob die Erziehungsstrategie der Mütter langfristig von Erfolg gekrönt ist und tatsächlich mehr Wahlfreiheiten für zukünftige Schwiegertöchter garantiert, bleibt offen, so Studienautorin Erstad.

Väter lassen aus

So würden beispielsweise nicht alle Väter dem Kalkül der Mütter zustimmen. Erstad: "Die Mütter können ihrem Dreijährigen sagen, dass er aufräumen soll, und er wird es machen. Aber wenn der Bub sechs Jahre alt ist und bemerkt, dass sein Vater nicht aufräumt, dann könnte es schwierig werden." (chrit, 13.5.2016)