Die roten Markierungen im Bild zeigen, wo in Weißenkirchen der umstrittene Neubau stehen würde (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken).

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Weißenkirchen/Wien – Mit rund elf Metern Bauhöhe ist es kein übergroßer Klotz, der in Weißenkirchen in der Wachau entstehen könnte. Sehr hoch sind aber die Wellen, die das Vorhaben noch vor Abschluss des Bauverfahrens schlägt. In der 1.400-Einwohner-Gemeinde in Niederösterreich wurden Pläne für einen modernen Apartmentbau in der Oberen Bachgasse und damit mitten im historischen Ortskern, für den Ensembleschutz gilt, eingereicht.

Gegner haben sich zu einer Bürgerinitiative formiert und – mithilfe des Arbeitskreises Welterbe Wachau – mehr als 600 Unterschriften gegen den schachtelförmigen Bau mit großen Glasflächen gesammelt, die sie dem Gemeindevorstand übergeben wollen. Einer der Gegner ist Wim Beckers. "Es müsste sieben Meter weit in den Fels gesprengt werden", sagt dieser. "Anrainer haben Angst, dass die Straße wegsackt oder Wasser austritt."

Eine weitere Sorge betreffe den Unesco-Welterbestatus der Wachau. Dieser sei zwar nicht rechtlich bindend, aber "eine moralische Verpflichtung" und wichtig für eine wesentliche Einnahmequelle des Ortes: den Tourismus.

Auflagen für Renovierungen

Neben Ängsten kommt in Weißenkirchen auch Wut auf. "Wenn ich meine Fenster streichen will, brauchen wir hundertmal Genehmigungen vom Denkmalamt", sagt Beckers. "Und dann kommt ein Fremder und darf drei moderne Apartmenthäuser bauen."

Ob er das wirklich darf, ist noch unklar. Seitens der Gemeinde betont Amtsleiter Christian Tauber, dass zwei Gutachten – ein geologisches sowie ein Denkmalschutzgutachten – noch gar nicht zur Gänze fertig seien. Diese müsse die Gemeinde als oberste Baubehörde abwarten und dann "abwägen: Was ist rechtlich machbar, was ist verträglich – und was nicht?" Man werde auch das Bundesdenkmalamt um eine Stellungnahme bitten.

Behörde brauche Zeit

Die Menschen müssten den Behörden aber jedenfalls "die benötigte Zeit lassen, um ordentlich zu arbeiten", sagt Tauber. "Ich kann als Gemeinde nicht einfach sagen: Nein, ich genehmige das nicht", erklärt der Amtsleiter. Er könne aber verstehen, dass sich Unmut unter jenen regt, die selbst bei Renovierungen hohe Auflagen zu berücksichtigen haben. "Aber das ist eben so, wenn ich in einem historischen Gebäude lebe", ergänzt Tauber.

Historische Gebäude

Manches Haus in dem Winzerort ist schon viele Hundert Jahre alt. Weißenkirchen wurde erstmals im Jahr 1258 urkundlich erwähnt, in unmittelbarer Nachbarschaft des geplanten Apartmentbaus befindet sich etwa der 1523 errichtete Manghof. Wikipedia listet fast 200 denkmalgeschützte Objekte in der Gemeinde auf.

Vom österreichischen Büro des Internationalen Rats für Denkmalpflege, Icomos Austria, soll eine Stellungnahme zum Bauvorhaben vorliegen, die negativ ausfiel.

Unesco: "Kein Verfahren"

Den Unesco-Weltkulturerbe-Status der Wachau bringen die Neubaupläne aber nicht ins Wanken. "Bisher wurde kein internationales Verfahren eingeleitet", hieß es am Mittwoch im Wien-Büro. Das könne aber geschehen, wenn "ein Ausmaß erreicht wird, durch das der außergewöhnliche universelle Wert gefährdet ist", hieß es weiter. Das bedeutet, mehrere solcher Projekte in der Wachau könnten den Gesamtstatus gefährden. Von der Unesco kritisch beobachtet werde etwa auch der Neubau für das Kunstmuseum in Krems.

"Harmonisch entwickelt"

Dem Welterbestatus stehen – einer vor wenigen Jahren durchgeführten Umfrage zufolge – gut drei Viertel der Wachauer positiv oder eher positiv gegenüber. In ihrer Begründung, warum die Wachau Welterbe ist, hatte die Unesco unter anderem festgestellt: "Die Architektur, die menschlichen Siedlungen und die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen in der Wachau illustrieren anschaulich eine im Grunde mittelalterliche Landschaft, die sich organisch und harmonisch über die Zeit entwickelt hat." (Gudrun Springer, 12.5.2016)